Kreuz auf einem Berg bei Sonnenaufgang
epd-Bild/Rainer Oettel

Die Würde der Sterbenden - Debatte zum selbstbestimmten Sterben

Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar 2020 entschieden, das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen in Bezug auf das eigene Sterben zu schützen und den Gesetzgeber aufgefordert, entsprechend tätig zu werden.

30.06.2023

Der parlamentarische Prozess wird begleitet durch eine zivilgesellschaftliche Debatte. Sie erfordert Positionierungen der evangelischen Kirche und der Diakonie – und ebenso die Diskussion innerhalb von Kirche und Diakonie darüber, wie im Rahmen christlicher Einrichtungen der freie Wille von Menschen auch in einer solchen Grenzsituation zu respektieren ist.

Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat bereits Stellung bezogen. Davon abweichend gibt es verschiedene profilierte Einzelmeinungen. Die Diakonie Deutschland hat 2020 einen innerverbandlichen Diskussionsprozess eingeleitet. Er mündet in einen öffentlichen Vorschlag für eine gesetzlich und finanziell abgesicherte Suizidprävention in Deutschland. Zugleich wurde eine Orientierungshilfe zum assistierten Suizid erarbeitet und im Mai 2022 veröffentlicht. 

Im Rahmen der Diskussion haben der Vorsitzende der Kammer für öffentliche Verantwortung der EKD, Prof. Dr. Reiner Anselm, die praktische Theologin Prof. Dr. Isolde Karle sowie Ulrich Lilie, der Präsident der Diakonie Deutschland, zwei Gastbeiträge für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) geschrieben, die am 11. Januar 2021 und am 25. Mai 2021 veröffentlicht worden sind. An dem vorhergegangenen Diskussionsprozess hatten sich auch Landesbischof Ralf Meister (Hannover), EKD-Ratsmitglied Prof. Dr. Jacob Joussen sowie der Palliativmediziner Prof. Dr. med. Friedemann Nauck beteiligt und den Artikel als Mitautoren mitgezeichnet.

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie, der selbst über langjährige Erfahrung als Klinik- und Hospizseelsorger verfügt, unterstreicht die Notwendigkeit, dass über die wichtige ethische Frage des assistierten Suizids eine offene Debatte geführt werden müsse. „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts erfordert von uns, bisherige Positionen zu überdenken“, sagt Lilie. „Man kann in der ethisch schwierigen Frage des assistierten Suizids zu unterschiedlichen Urteilen kommen. Die Auffassung unseres Autorenteams ist eine von mehreren denkbaren Positionen. Am Ende der Debatte steht hoffentlich eine Gesetzgebung, die eine hohe Einzelfallgerechtigkeit ermöglicht und sehr differenziert mit dem Thema Suizidassistenz umgeht - in einem Land, das für Prävention und eine Sorgekultur eintritt, die jedes Leben achtet und für ein menschenwürdiges Leben bis zuletzt steht. „Wir sollten uns Zeit für diese breite Debatte nehmen, damit dann auch ein parlamentarischer Entwurf eine Mehrheit bekommt, der hoffentlich in diesem Sinn auch die Akzeptanz und breite Unterstützung in der Bevölkerung findet“, so Ulrich Lilie.

Debattenbeiträge zum Thema

Weitere Beiträge mit Diakonie-Präsident Ulrich Lilie

Innerverbandliche Debatte über assistierten Suizid

Die Diakonie Deutschland hat sich bereits mehrfach mit dem Thema der Suizid-Beihilfe beschäftigt und mit Veröffentlichungen unter anderem im Hospizverlag in den Jahren 2015 und 2018 positioniert. Seit dem BVerfG-Urteil hat sie sich mit ihren Landes- und Fachverbänden sowie Mitgliedseinrichtungen intensiv mit den möglichen Auswirkungen dieser Entscheidung für die Gesellschaft und insbesondere auch für Menschen in diakonischen Diensten und Einrichtungen befasst. Im Mai 2022 wurde eine Orientierungshilfe zum Umgang mit Sterbewünschen, suizidalen Gedanken und Wünschen nach Suizidassistenz veröffentlicht. Sie lädt Begleitende, Beratende, Versorgende, Leitende in Diensten und Einrichtungen der Diakonie zum Reflektieren der eigenen Haltung ein.

In die aktuelle Debatte nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hinein suchen wir auch weiterhin die Diskussion mit unseren Mitgliedern.

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