Illustration Migranten und Geflüchtete
© Diakonie/Francesco Ciccolella

Trennungsfamilien bei Hartz IV berücksichtigen, Umgangsmehrbedarf einführen

Die wirtschaftliche Stabilität für Alleinerziehende, die ihre Kinder nach einer Trennung oder Scheidung dennoch gemeinsam betreuen wollen, muss besser abgesichert werden.

24.03.2021

Derzeit ist ein Erziehungs-und Umgangsmodell, in dem beide Eltern in beträchtlichem zeitlichem Umfang Verantwortung für ihre Kinder übernehmen wollen, im Grundsicherungsbezug kaum finanzierbar. Nach den geltenden Regelungen wird die Grundsicherungsleistung für Kinder tageweise aufgeteilt. Die tageweise Kürzung der Grundsicherungsleistungen trägt dazu bei, vorhandene Konflikte zwischen den Eltern zu schüren. Letztendlich sind die Kinder die Leidtragenden. Vor diesem Hintergrund legt die Diakonie ein Konzept für einen Umgangsmehrbedarf in der Grundsicherung vor.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Getrennt lebende Eltern und ihre Kinder haben in der Grundsicherung mit besonderen Problemen zu kämpfen. Der Kinderregelsatz wird einfach zwischen beiden Haushalten nach Tagen aufgeteilt. Das ist kompliziert und macht ständige Neuberechnungen nötig. Das Ergebnis: In beiden Haushalten steht dem Kind weniger zur Verfügung, als es zum Leben braucht. Dabei ist klar: Bett, Schrank und Tisch sind unteilbar. Kleidung und Spielzeug müssen in beiden Haushalten einfach da sein. Es ist eine Zumutung, von Kindern zu verlangen, mit großen Koffern zwischen den Elternhaushalten hin- und herzufahren. Die Grundsicherung muss Trennungsfamilien endlich angemessen ausstatten.“

Loheide erläutert den Diakonie-Vorschlag: „Nach den Berechnungen der Diakonie müsste mindestens ein Drittel des Regelsatzes immer in beiden Haushalten zur Verfügung stehen. Ergänzend sollen weitere Pauschalen je nach regelmäßiger Aufenthaltsdauer vereinbart werden. Im Ergebnis muss klar sein: Der Bedarf für Kinder, die in zwei Haushalten leben, ist immer höher als bei Kindern, die mit beiden Eltern in einem Haushalt leben.“

Das Konzept der Diakonie Deutschland im Überblick

Typische Aufteilungen der Erziehungsverantwortung sind nach dem Diakonie-Konzept:

Die Diakonie Deutschland schlägt vor, für diese vier typischen Konstellationen unterschiedliche Pauschalen vorzusehen. Diese setzen sich aus einem Viertel des Regelsatzes (unabweisbarer Bedarf) und einer Pauschale für einen weiteren flexiblen Bedarf zusammen, bei der nicht mehr als drei Viertel des Regelsatzes nach einem Schlüssel verteilt werden. Nach einer entsprechenden Vereinbarung der Eltern sollen diese einfach festgestellt und so lange gewährt werden, wie die Eltern an dieser Verteilung festhalten.

In der Gesamtsumme sollen immer mindestens 125 Prozent des normalen Kinderregelsatzes für diese Kinder zur Verfügung stehen. Größere Anschaffungen wie Fahrrad, Waschmaschine oder Computer sollen für beide Haushalte als zusätzlicher Bedarf finanziert werden.

Kommt das Kind im zweiten Haushalt tatsächlich nicht mehr als fünf Nächte im Monat zu Besuch, soll dem Haushalt, in dem es hauptsächlich lebt, immer der volle Regelsatz zur Verfügung stehen und die Leistungen für den Besuch im zweiten Haushalt sollen immer zusätzlich ausgezahlt werden.

Vorgeschlagen wird die folgende Aufteilung:

Haushalt 1 (überwiegende Erziehungsverantwortung):    Regelsatzanteil mathematisch
Bis zu 5 Nächte: kein Abzug; volle Auszahlung des Regelsatzes – 100,00 %
6 bis 10 Nächte: 25 Prozent des Regelsatzes plus ¾ des flexiblen Bedarfes – 81,25 %
11 bis 14 Nächte: 25 Prozent des Regelsatzes plus 2/3 des flexiblen Bedarfes – 75,00 %

Haushalt 2 (anteilige Erziehungsverantwortung):
Bis zu 5 Nächste: 25 Prozent des Regelsatzes plus 1/6 des flexiblen Bedarfes – 37,50 %
6 bis 10 Nächte: 25 Prozent des Regelsatzes plus 1/4 des flexiblen Bedarfes – 43,75 %
11 bis 14 Nächte: 25 Prozent des Regelsatzes plus 1/3 des flexiblen Bedarfes – 50,00 %

Paritätisches Wechselmodell: jeweils 25 Prozent des Regelsatzes plus ½ des flexiblen Bedarfes:
Regelsatzanteil mathematisch jeweils:  62,50 %

Insgesamt kommt es zu einem höheren Kostenansatz, als wenn ein Kind nur in einem Haushalt lebt. Die Gesamtkosten ergeben in Prozent des Kinderregelsatzes für die jeweiligen Fallkonstellationen:
Bis zu 5 Nächte in Haushalt 2:  137,50 %
Mehr als 5 Nächte in Haushalt 2: 125,00 %

Weitere Informationen finden Sie im detaillierten Diskussionspapier der Diakonie zum Umgangsmehrbedarf in der Grundsicherung.

Für Rückfragen und weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Diskussionspapier zum Herunterladen

Ansprechpartnerin

@ Hermann Bredehorst

Kathrin Klinkusch

Pressesprecherin

pressestelle@diakonie.de 030 652111780

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