Diakonie warnt vor unmenschlichen EU-Abschieberegeln und fordert Rückkehr in Sicherheit und Würde
Auf EU-Ebene verhandeln Rat und Parlament derzeit über eine neue Rückführungsverordnung. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt drängt dabei unter anderem auf die Einrichtung von Abschiebezentren in Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union. Als Vorbild verweist er auf die niederländische Regierung, die mit Uganda über solche „Rückkehrzentren“ verhandelt.
Gemeinsam mit über 200 europäischen Partnerorganisationen unterstützt die Diakonie ein zivilgesellschaftliches Statement gegen die geplante Verordnung. Kritisiert werden vor allem Rückführungen in Länder, zu denen die Betroffenen keinerlei Bezug haben, die Einrichtung von „Rückführungszentren“ außerhalb der EU sowie gravierende Einschränkungen von Grundrechten und Rechtsschutz.
Blankoscheck für Rückführungen
Der aktuelle Entwurf der EU-Verordnung eröffnet die Möglichkeit, Menschen in nahezu beliebige Drittstaaten abzuschieben. In Artikel 4 Absatz 4 heißt es, dass eine Rückführung in jedes Land zulässig sein soll, mit dem ein entsprechendes Abkommen besteht – unabhängig davon, ob die Betroffenen die Staatsangehörigkeit besitzen, jemals dort gelebt haben oder persönliche Verbindungen dorthin bestehen, etwa durch Familie, Ausbildung oder frühere Aufenthalte.
Rückkehrzentren außerhalb der EU
Die Europäische Kommission schlägt zudem die Einrichtung von Rückkehrzentren außerhalb der EU-Grenzen vor. Dort sollen Personen, deren Asylantrag in der EU abgelehnt wurde, untergebracht werden – anstatt sie direkt in ihre Herkunftsländer zurückzuführen. Länder wie Italien, Dänemark und die Niederlande verfolgen entsprechende Pläne.
Italien erwägt beispielsweise, seine leerstehenden Zentren in Albanien, die ursprünglich für Asylverfahren vorgesehen waren, in Rückkehrzentren umzuwandeln. Deren Nutzung war bislang durch Gerichtsentscheidungen gestoppt worden. Solche Einrichtungen stellen eine deutliche Abkehr von Völker- und Menschenrechtsstandards dar. Sie bergen das Risiko schwerer Rechtsverletzungen – von willkürlicher Inhaftierung über direkte und indirekte Abschiebungen (Refoulement) bis hin zur Verweigerung grundlegender Rechtsgarantien. Zudem wären eine wirksame Kontrolle der Menschenrechtslage sowie die Klärung rechtlicher Verantwortung und Zuständigkeiten kaum sicherzustellen.
Rückkehr nur in Sicherheit und Würde
Die Position der Diakonie ist eindeutig: eine Rückkehr darf nur in Sicherheit und Würde erfolgen. Am wirksamsten gelingt das über eine eigenständige und freiwillige Rückkehr mit Perspektiven im Herkunftsland. In zahlreichen Rückkehrberatungsstellen der Diakonie und anderer Verbände wird Betroffenen dazu täglich Unterstützung angeboten.
Die langjährige Praxis zeigt: Freiwillige Rückkehr ist nicht nur nachhaltiger und kostengünstiger, sondern auch für alle Beteiligten weniger belastend. Zwangsweise Abschiebungen hingegen sind teuer, verwaltungsaufwändig, oft erfolglos – und für die Betroffenen in vielen Fällen traumatisierend.
Im Einzelnen kritisiert die Diakonie am Vorschlag zur Rückführungsverordnung:
- Rückführungen in Drittstaaten ohne Bezug: Abschiebungen sollen auch in Länder außerhalb der EU möglich sein, zu denen die betroffenen Personen keinerlei Verbindung haben – ähnlich wie bereits bei den geplanten Asylverfahren in Drittstaaten.
- Einrichtung von „Rückführungszentren“: Geplant sind gefängnisähnliche Haftanstalten außerhalb des EU-Gebiets, in denen Menschen auf ihre Abschiebung warten müssten.
- Ausweitung von Kontrollmaßnahmen: Vorgesehen sind stark erweiterte Maßnahmen zur Bekämpfung irregulären Aufenthalts, etwa anlasslose Passkontrollen – mit erheblichen Risiken von Racial Profiling und Datenschutzverletzungen.
- Mehr Möglichkeiten zur Inhaftierung: Die Verordnung würde die Gründe und Zeiträume für Inhaftierungen deutlich ausweiten.
- Einschränkungen beim Rechtsschutz: Rechtsmittel hätten keine aufschiebende Wirkung mehr – das heißt, Betroffene könnten abgeschoben werden, noch bevor ein Gericht ihre Abschiebung überprüft hat.