Sozialstaatsreform: Diakonie Deutschland fordert Bündelung von Sozialleistungen und Praxis
Die Diakonie Deutschland drängt darauf, die Expertise der Wohlfahrtsverbände bei der geplanten Sozialstaatsreform intensiv zu nutzen. „Die Freie Wohlfahrtspflege gestaltet den Sozialstaat entscheidend mit. Unsere Beratungsstellen kennen die vielfältigen Hürden bei der Antragstellung für Sozialleistungen und das Dickicht überbordender Bürokratie. Mit dieser Praxiserfahrung und Kompetenz kann die Diakonie zur Verwirklichung eines bürgernahen, effizienten und verlässlichen Sozialstaats beitragen“, betonte Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch. Der Diakonie-Präsident und die Bundesvorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, Elke Ronneberger, waren als Expert:innen zu der heutigen Sitzung der Sozialstaatskommission eingeladen.
Die Diakonie verweist darauf, dass viele Menschen in Armutslagen nicht in vollem Umfang die Sozialleistungen erhalten, auf die sie einen Anspruch haben – während gleichzeitig enorme Summen in einer ineffizienten Verwaltung versickern. „Gerade bei den verschiedenen Leistungen für Familien wie Kinderzuschlag, Elterngeld, Unterhaltsvorschuss, Kindergeld und Bürgergeld verlieren Anspruchsberechtigte schnell den Überblick: Leistungen bleiben ungenutzt, Fehler führen zu Rückforderungen. Das schafft Folgeprobleme wie eine anhaltend hohe Kinderarmut. Wir brauchen deshalb vor Ort eine einfach zugängliche Existenzsicherungsstelle, die das Zuständigkeitswirrwarr beendet und als zentrale Anlaufstelle für alle Leistungen dient. Künftig muss gelten: Ein Antrag – ein Bescheid“, so Elke Ronneberger.
Auch die Digitalisierung müsse an der Lebenswirklichkeit ausgerichtet werden, fordert Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch: „Um den Sozialstaat effizient zu gestalten, müssen wir digitale Instrumente nutzen. Unbedingt. Aber: Wenn nur der Staat digitaler wird, nützt das noch nicht viel. Die gemeinnützigen Partner des Sozialstaats müssen genauso Schritt halten können, wie die Bürger, die auf den Sozialstaat angewiesen sind. Digitalisierung darf nicht dazu führen, dass Menschen von digitaler Teilhabe abgehängt werden, weil ihnen Kenntnisse oder technische Ausstattung fehlen. Jede Reform braucht einen Praxis-Check – sonst scheitert sie an der Realität.“
Fünf Kernforderungen der Diakonie Deutschland
- Ein Antrag – ein Bescheid: Bündelung der Antragstellung auf existenzsichernde Leistungen in einer zentralen Existenzsicherungsstelle vor Ort.
- Sozialdividende („Steuerklasse 7“): Ein neues Modell für Menschen, die sozialversicherungspflichtig erwerbstätig sind und ergänzend zu ihrem niedrigen Einkommen Bürgergeld erhalten. Das Modell sichert Menschen zuverlässig ab und sorgt dafür, dass jeder zusätzliche Euro sich lohnt.
- Experimentierräume: Rechtssichere Testfelder für neue Reformideen.
- Praxis-Check: Jede Reform muss sich vorab an der Beratungserfahrung messen lassen.
- Wirksamkeits-Evaluation: Regelmäßige Überprüfung, ob Leistungen tatsächlich bei den Bedürftigen ankommen.
