Professionalität statt Polarisierung – so kann Integration möglich werden
Fachtagung der Diakonie mit rund 100 Teilnehmenden in Solingen
05.11.2025
Wie gelingt Integration, wenn gesellschaftliche Debatten immer polarisierender werden? In Solingen kamen am 4. November über 100 Teilnehmende auf Einladung des Diakonischen Werkes Solingen, der Diakonie Deutschland und der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe zu der Fachtagung „Professionalität statt Polarisierung – Integration möglich machen“ zusammen. Der Bürgersaal der Ev. Stadtkirche Solingen verwandelte sich an diesem Tag in eine Bühne für gelebten Dialog: Workshops und Podiumsgespräche füllten den Raum mit Ideen und praxisnahen Impulsen, engagierten Debatten und dem gemeinsamen Bestreben, Integration aktiv zu gestalten.
„In einer zunehmend polarisierten Gesellschaft brauchen wir Räume für Dialog, in denen wir offen und sachlich diskutieren, Probleme benennen und gemeinsam Lösungen finden. Das ist hier deutlich geworden“, sagt Rüdiger Schuch, Präsident der Diakonie Deutschland. „Wir sehen es als unsere Aufgabe, uns aktiv in diesen Dialog einzubringen. Das bedeutet, wir verteidigen die Menschenwürde, fördern ein respektvolles Zusammenleben und setzen uns für faire Lösungen in der Integration ein. Diese Werte bilden das Fundament unseres Engagements und sind die Grundlage für ein starkes, vielfältiges Land.“
Die Veranstalter unterstrichen angesichts aktueller gesellschaftlicher Spannungen und der anhaltenden Migrationsdebatte die Entschlossenheit, Verantwortung zu übernehmen: Ein Jahr nach dem folgenschweren Attentat stehe die Diakonie vor der Aufgabe, ihre Positionierung und ihr fachliches Handeln zu stärken – für eine moderne, menschenorientierte Integrationsarbeit.
Rechtspopulistischen Narrativen einer vermeintlichen „Asylindustrie“ entgegentreten
Die Idee zur Fachtagung ist im Diakonischen Werk in Solingen entstanden: Das Attentat im August 2024 hatte bundesweit eine hitzige Debatte über die deutsche Asyl- und Migrationspolitik ausgelöst. Auch die Diakonie Solingen geriet unter Druck: „Rechtspopulistische und rechtsextreme Publikationen unterstellten uns Mitverantwortung für das Attentat“, erzählt die Geschäftsführerin Ulrike Kilp. Die Veranstalter wollten dem gezielt konstruierten Narrativ, die Wohlfahrtsverbände seien Teil einer vermeintlichen „Asylindustrie“, finanziert durch Steuergelder, aber mitverantwortlich für gesellschaftliche Fehlentwicklungen, entschieden entgegentreten.
Diakonisches Handeln in polarisierenden Zeiten
Die Diakonie hat eine langjährige Erfahrung mit dem Themenfeld Flucht und Integration und ist in vielen sozialen Einrichtungen in Deutschland aktiv. „Die Diakonie ist gefordert, bedarfsgerechte und wirksame Integrationsarbeit zu leisten“, sagt Ulrike Kilp, „und mitzuhelfen, die Debatten zu versachlichen und unsere eigene Fachkompetenz einzubringen“. Die Solinger Tagung eröffnete eine vielfältige Expertensicht über rechtspopulistische Narrative in den Medien und der Flüchtlings- und Integrationsarbeit in Zeiten zunehmender Polarisierung. So referierte Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach von der FH Münster über Entwicklungsbedarfe und Ansätze der Sozialen Arbeit in der Radikalisierung.
Über die Macht der Radikalisierung und die politischen Handlungsbedarfe
In der abschließenden Podiumsdiskussion wurden die wechselseitigen Beziehungen von Wohlfahrt und Politik deutlich. Der Frage „Was hat sich geändert, was muss sich ändern in Politik, Gesellschaft und der Diakonie?“ ging neben Schuch, Kurtenbach und Kilp auch Josefine Paul, Ministerin für Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, nach.
Integrationsministerin Josefine Paul: „Unser Ziel ist es, dass sich Menschen auch in verunsichernden Zeiten gar nicht erst radikalisieren. Prävention ist dafür der Schlüssel. Als Land haben wir deshalb an vielen Stellschrauben gedreht und vieles aus dem Maßnahmenpaket bereits umgesetzt. Gesellschaftlicher Zusammenhalt, Bildung, eine professionelle Integrationsarbeit und Soziale Arbeit schützen vor Radikalisierung. Die Stärkung von Prävention und Beratung soll darauf hinwirken, Radikalisierung zu verhindern und betroffenen Personen konkrete Hilfestellung zu geben, damit sie nicht falsche Richtungen einschlagen. Präventionsarbeit bedeutet auch, dass wir Menschen vorurteilsfrei in die Gemeinschaft einbinden, ihnen Perspektiven aufzeigen, ihnen auf Augenhöhe begegnen und gemeinsam demokratische Werte leben. NRW ist ein Land der Vielfalt und die Heimat von Millionen Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Angesichts der zunehmenden Polarisierung müssen wir uns klar gegen Hass und Hetze positionieren und jeden Tag für unsere offene Gesellschaft einstehen. Das ist unsere gemeinsame, gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“
„Die Verantwortlichkeiten sind klar. Die Politik hat die Aufgabe, den Rahmen für erfolgreiche Integration für die gesamte Gesellschaft zu stecken. Die Wohlfahrtsverbände sind beauftragt, die Menschen bei der konkreten Integration in ihrem Umfeld, in die Bildungsinstitutionen und in den Arbeitsmarkt zu unterstützen“, so die Veranstalter.
Für Rückfragen und weitere Informationen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.
Bild: Von links nach rechts: Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach, Ulrike Kilp, Geschäftsführerin der Diakonie Solingen, Josefine Paul, Ministerin für Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch
Kontakte für weitere Informationen:
Kathrin Klinkusch, Pressesprecherin Diakonie Deutschland, Tel.: 030 65211-1878, E-Mail: kathrin.klinkusch@diakonie.de
Ulrike Kilp, Geschäftsführerin Diakonisches Werk Solingen, Tel.: 0212 287-257, E-Mail: ulrike.kilp@diakonie-solingen.de
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