Suchtberatungsstellen in ländlichen Gebieten in Gefahr
Immer häufiger müssen in ländlichen Gebieten Suchtberatungsstellen schließen, weil kommunale oder Landesmittel gekürzt werden. Das ist eine sehr alarmierende Entwicklung, denn: Hilfe darf keine Frage des Wohnorts sein.
Nicola Alcaide | 11.11.2025
In vielen ländlichen Regionen Deutschlands droht die Suchtberatung zunehmend auszudünnen. Immer häufiger müssen Einrichtungen schließen, weil kommunale oder Landesmittel gekürzt werden. Dabei sind gerade in diesen Gebieten die Wege zu Hilfsangeboten lang, die Strukturen dünn und die Hemmschwelle, sich Hilfe zu suchen, besonders hoch.
Zwar liegen keine bundesweit verfügbaren aktuellen Daten vor, die exakt das Verhältnis von Beratungsstellen zu Einwohner*innen in Stadt und Land angeben. Fachmeldungen deuten jedoch darauf hin, dass in ländlichen Regionen die Versorgungsdichte deutlich geringer ist als in städtischen Gebieten. Der Wegfall einer einzigen Einrichtung kann eine ganze Region empfindlich treffen.
Gravierende Lücken könnten entstehen
Ein Beispiel dafür ist der Landkreis Göppingen in Baden-Württemberg. Hier plant der Landkreis, im Haushalt 2026 die gesamte Förderung für die Suchthilfe zu streichen. Damit wären die einzige Suchtberatungsstelle im Landkreis sowie ihre Außenstelle in Geislingen unmittelbar von der Schließung bedroht.
Seit über 30 Jahren bietet die Suchtberatung Göppingen lebenswichtige Prävention, Krisenintervention und die Vermittlung in Therapien. Rund 1.000 Betroffene finden dort jährlich Unterstützung, die Drogenkontaktstelle „Koala“ betreut zusätzlich etwa 1.500 Klient*innen. Der Wegfall dieser Angebote würde eine gravierende Versorgungslücke hinterlassen.
Doch die Suchtberatung ist nicht das einzige Opfer der Sparpläne. Auch viele andere soziale Einrichtungen stehen auf der Kippe: Familientreffs, die Offene Kinder- und Jugendarbeit, Ehe-, Familien- und Erziehungsberatung, Schulsozialarbeit, Pflegeberatung oder die Schwangerschaftsberatung bei Pro Familia.
Sozialer Zusammenhalt in Gefahr
Hinter all diesen Kürzungen stehen Menschen. Menschen, die Unterstützung suchen, Familien, die entlastet werden müssen, Ehrenamtliche und Fachkräfte, die täglich Verantwortung übernehmen und das Rückgrat des sozialen Zusammenlebens bilden. Wenn diese Strukturen geschwächt werden, verlieren nicht nur einzelne Betroffene ihre Anlaufstellen - es verlieren ganze Landkreise an Stabilität und sozialem Zusammenhalt.
Als Diakonie plädieren wir daher für den Erhalt und eine verlässliche, auskömmliche Finanzierung der Hilfestrukturen. Kurzfristig mögen Einsparungen den Haushalt entlasten, langfristig jedoch vergrößern sie die Probleme. Wer heute am Hilfesystem spart, zahlt morgen das Drei- bis Fünffache an Folgekosten für Sozialhilfe, Gesundheit und Justiz. Nur eine starke soziale Infrastruktur sichert die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft.
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Nicola Alcaide
Referentin für Selbsthilfe und Suchtthemen
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