Illustration Hilfe für Straffällige
© Diakonie/Francesco Ciccolella

Wissen kompakt: Straffälligenhilfe

29.01.2024

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Was tut die Straffälligenhilfe?

Die Straffälligenhilfe hilft Menschen bei der Resozialisierung in die Gesellschaft. Die Einrichtungen der Straffälligenhilfe leisten einen wichtigen Beitrag zur Haftvermeidung, sie betreuen straffällig gewordenen Menschen und ihre Angehörigen während der Haft und sie begleiten während und nach der Haftentlassung. Bei allen Angeboten stehen immer der Mensch und das Menschsein im Mittelpunkt. Straffällig gewordene Menschen und ihre Angehörigen sollen wahr- und angenommen werden.

Die Straffälligenhilfe nimmt die sozialen Problemlagen straffällig gewordener Menschen in den Blick und bietet konkrete Unterstützungsangebote an (z. B. bei der Wohnungs- und Arbeitssuche), um Teilhabe in der Gesellschaft zu ermöglichen. Die Zusammenarbeit mit Einrichtungen der Straffälligenhilfe ist immer freiwillig und kostenfrei. Alle Gespräche finden vertraulich statt, Beratung und Begleitung sind dauerhaft möglich. Bei Bedarf vermitteln Einrichtungen der Straffälligenhilfe an Fachdienste weiter (z. B. Suchtkrankenhilfe, Schuldnerberatung).

Die Straffälligenhilfe ist stets bestrebt, durch geeignete Maßnahmen (z. B. gemeinnützige Arbeit, Geldverwaltung, Täter-Opfer-Ausgleich) Inhaftierungen zu vermeiden. Mit ihren ambulanten, teilstationären und stationären Angeboten ist sie eine wichtige Partnerin von Politik, Verwaltung und Justiz.

Grundsätze und Prinzipien der Straffälligenhilfe

Die Angebote der Einrichtungen der Straffälligenhilfe orientieren sich an dem jeweils gegebenen individuellen Bedarf. Sie werden geleistet

als beratende, begleitende und unterstützende Hilfe. Die Hilfe zielt darauf ab, die individuellen Fähigkeiten der betroffenen Menschen zu stärken und zu erweitern sowie ihre Lebenssituation und -bedingungen nachhaltig zu verbessern und ein gesellschaftliches Umfeld zu schaffen, das eine Integration erleichtert.

Sie richtet sich als persönliche Hilfe nach den Prinzipien

Um Einrichtungen vor Ort gleichermaßen Orientierung und Unterstützung bei der Gestaltung einer gelingenden Zusammenarbeit mit dem Justizvollzug zu bieten, haben Diakonie und Caritas gemeinsam mit ihren beiden Fachverbänden der Straffälligenhilfe (Ev. Bundesfachverband Existenzsicherung und Teilhabe e.V. und Katholische Bundes-Arbeitsgemeinschaft Straffällifenhilfe) einen „Orientierungsrahmen zur Zusammenarbeit der freien Straffälligenhilfe mit dem Justizvollzug“ veröffentlicht.

Organisation und Finanzierung der Straffälligenhilfe

Die Straffälligenhilfe ist regional sehr unterschiedlich ausgestaltet, es gibt keine einheitlichen Finanzierungsquellen, und sie ist rechtlich kaum verankert. Zudem ist derzeit an einigen Stellen ein Trend zu beobachten, bewährte Maßnahmen und erfolgreiche Projekte der Straffälligenhilfe, die zudem großes Vertrauen bei den Menschen in Haft genießen, durch die Justizvollzugsanstalten selbst durchführen zu lassen. Der notwendige Aufbau und die Verstetigung erfolgreicher Strukturen der Straffälligenhilfe werden so verhindert.

Wie viele Menschen sind in Deutschland inhaftiert?

Zum Stichtag 31. März 2022 waren in Deutschland insgesamt 42.492 Menschen in Gefängnissen inhaftiert. Davon waren fast 95% Männer (40.086) und nur etwa 5% Frauen (2.406). Die meisten strafgefangenen Menschen sitzen eher kurze Haftstrafen von unter einem Jahr ab (17.209), nur die wenigsten sind zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt (1.776, davon 106 Frauen).

Doch nicht alle Menschen, die in Deutschland im Gefängnis sitzen, wurden auch tatsächlich zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Viele von ihnen wurden eigentlich zu einer Geldstrafe verurteilt, konnten diese aber nicht bezahlen oder durch gemeinnützige Arbeit ableisten. Sie sitzen aufgrund einer sogenannten Ersatzfreiheitsstrafe im Gefängnis. Zum Stichtag 31. August 2022 verbüßten insgesamt 4.411 Männer und Frauen eine solche Ersatzfreiheitsstrafe. Jedes Jahr werden in Deutschland geschätzt rund 56.000 Personen inhaftiert, obwohl gegen sie eigentlich eine Geldstrafe ausgesprochen wurde.

Wer ist in Deutschland für den Justizvollzug zuständig?

Die Gesetzgebungskompetenz für den Justizvollzug ist im Zuge der Föderalismusreform von 2006 vom Bund auf die Länder übergegangen. Danach haben die 16 Bundesländer eigene Strafvollzugs- bzw. Justizvollzugsgesetze erlassen. Darin werden die Justizvollzugsanstalten verpflichtet, unter anderem mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege zusammenzuarbeiten.

Der Strafvollzug ist Teil des Gewalt- und Staatsmonopols. Bestimmte Aufgaben, wie z.B. die Aufnahme und Entlassung von inhaftierten Menschen, können daher nicht privatisiert werden. Andere Aufgaben (z.B. Reinigung innerhalb der Gebäude oder Organisation des Einkaufs für die inhaftierten Menschen) können hingegen auch privatwirtschaftlich organisiert werden.

Haltung und Positionen der Diakonie

Menschen mit Hafterfahrung sind gesellschaftlich vielfach stigmatisiert und besonders von gesellschaftlichen Ausgrenzungen betroffen. Die Diakonie tritt diesen gesellschaftlichen Vorurteilen und Vorverurteilungen entschieden entgegen. Sie setzt sich für eine Verbesserung der Lebenslagen straffälliger Menschen wie auch ihrer Angehörigen ein und sieht es als ihre Aufgabe an, sie in einer schwierigen Lebensphase zu unterstützen und Hilfe anzubieten, die einen Weg zurück in die Gesellschaft aufzeigt. Denn die Arbeit mit straffällig gewordenen Menschen kommt nicht nur ihnen, sondern der gesamten Gesellschaft zugute. Wirkungsvolle Täterarbeit ist ein wichtiger Beitrag zum Opferschutz.

Die Gefängnisse in Deutschland sind vielerorts überfüllt. Es gibt zu wenig Personal, das mit oftmals mehrfach belasteten Menschen in Haft arbeiten muss. Die Chancen für eine erfolgreiche Wiedereingliederung in die Gesellschaft müssen für inhaftierte Menschen daher unbedingt verbessert werden. Die Straffälligenhilfe sieht es daher als unentbehrlich an, den vielfältigen sozial- und kriminalpolitischen Herausforderungen gemeinsam mit der Justiz zu begegnen und gemeinsame Lösungen zu entwickeln.

Als Diakonie setzen wir uns für eine effektive Haftvermeidung ein. Wir fordern eine weitreichende Reform der Ersatzfreiheitsstrafe, denn Armut darf nicht zu Inhaftierung führen.

Für Menschen in Haft ist der Übergang in die Freiheit so zu gestalten, dass ihre Resozialisierung gelingt. Vollzugsöffnende Maßnahmen sind auszubauen und Alternativen zur Haft sind zu fördern. Da insbesondere die Arbeits- und Wohnungssuche nach einem Haftaufenthalt besonders schwierig sind, sollte die Wohnung während der Haftzeit nach Möglichkeit erhalten bleiben und die Arbeitsförderung verbessert werden.

Schließlich sind insbesondere Menschen, die psychisch erkrankt sind und im Gefängnis sitzen, so gut wie möglich zu versorgen und die Nachsorge ist sicherzustellen.

Um eine gute und nachhaltige Arbeit leisten zu können, braucht es eine ausreichende finanzielle Unterstützung für Träger und Einrichtungen der Freien Straffälligenhilfe.

Positionspapier Straffälligenhilfe von Diakonie und EBET zur Bundestagswahl 2021: https://www.ebet-ev.de/wordpress/wp-content/uploads/2023/09/210623_Positionspapier_SFH_F-1.pdf

Kontakt

Lars Schäfer
© Hermann Bredehorst

Lars Schäfer

Wohnungsnotfall- und Straffälligenhilfe Hilfe in besonderen Lebenslagen

lars.schaefer@diakonie.de 030 652111816

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