Gustav Albert Werner
Geboren 12. März 1809 in Zwiefalten/Schwäb. Alb, gestorben 2. August 1887 in Reutlingen/Württemberg
Gründer und „Vater“ des bedeutendsten und vielgestaltigsten Diakoniewerks im Württemberg des 19. Jahrhunderts
Auf den Schulbesuch im kirchlichen Seminar Maulbronn folgt bereits während des Theologiestudiums in Tübingen (1829-32) eine intensive Beschäftigung mit dem Gedankengut des schwedischen Sehers Emanuel Swedenborg (1688-1772).
Für das Leben Werners ebenso bestimmend wird der Kontakt mit dem Werk Jean Frédéric Oberlins (1740-1828) während eines zweijährigen Aufenthalts in Strassburg.
„Dem Reich Gottes Bahn brechen“ und ihm „in allen Verhältnissen des menschlichen Lebens Geltung verschaffen“ durch Einführung der Grundsätze Liebe, Gerechtigkeit und Haushalterschaft, ist fortan das Lebensziel des Diakonikers Werner.
Bereits während des Vikars- und Gemeindepfarrdienstes in Walddorf/Tübingen gründet der Wanderprediger Freundeskreise sowie eine Kleinkinderschule, eine Industrieschule und ein kleines Rettungshaus.
Die Anstalt erlebt nach der Übersiedelung nach Reutlingen und Werners Ausscheiden aus dem Pfarrdienst ein Jahrzehnt des raschen Wachstums. Dieses wird ermöglicht durch die „Hausgenossenschaft“, eine diakonische Gemeinschaft von Männern und Frauen, die in das in der Sozialform des „ganzen Hauses“ angelegte „Bruderhaus“ ihre Arbeitskraft einbringen, dann als Hausväter und Hausmütter den Tochteranstalten vorstehen und so die Reich-Gottes-Hoffnung im Alltag in diakonischen Alltag übersetzen.
Die im 2. Jahrzehnt gegründeten 31 Tochteranstalten in den Notstandsgebieten des Königreichs im Schwarzwald und im Schwäbischen Wald geben Kindern, alten und behinderten Menschen Heimat und verbessern als Einrichtungen dezentraler Diakonie durch Schulen und Kaufläden die Infrastruktur.
Ebenfalls in diesem Jahrzehnt beginnen die Gründungen „christlicher Industriebetriebe“: 1851 einer Papierfabrik, 1857 einer Maschinenfabrik und 1875 einer Möbelfabrik in Reutlingen und 1861 einer Papierfabrik in Dettingen/Erms: Gerade in der „Großindustrie“ soll dem Reich Gottes und seinen Grundsätzen Raum geschaffen werden.
Bereits seit 1851 ist Werner nach einem jahrlangen Konflikt mit seiner Kirche aus der „Liste der Predigtamtskandidaten“ gestrichen.
Aus einer schweren Krise des Gesamtwerks in den Jahren 1861-1863 ist dieses schließlich 1866 nur noch durch die Gründung eines„Aktienvereins“ zu retten.
Von der Reich-Gottes- und Friedensmission des neuen deutschen Reiches überzeugt, startet Werner nach dem Krieg 1870/71 Hilfsaktionen für französische Kriegswaisen und fordert Bismarck zu einem Versöhnungsfrieden mit Frankreich auf.
Nach dem Rückkauf der verbliebenen Einrichtungen wandelt Werner sein Lebenswerk 1882 in die „Gustav-Werner-Stiftung zum Bruderhaus“ in Reutlingen um. Die bruderhausDIAKONIE in Reutlingen weiß sich bis heute auch den Grundsätzen der Dezentralität ihrer Diakonie und der Vielgestaltigkeit der Arbeitsgebiete verpflichtet.
Autor: Walter Göggelmann
Literatur
Gerhard K.Schäfer: Dem Reich Gottes Bahn brechen (Quellenband), 1999
Karlheinz Bartel: Gustav Werner (Biografie), 1990
Walter Göggelmann: Dem Reich Gottes Raum schaffen, VDWI 31, 2007-10-13Ders.: Ein Haus dem Reich Gottes bauen, VDWI 32, 2007