Ausgestaltung eines Regelinstrumentes "Teilhabe am Arbeitsmarkt für alle"

30. April 2018
  • Stellungnahme
  • Armut und Arbeit
  • Langzeitarbeitslosigkeit

Position der Diakonie Deutschland und des Evangelischen Fachverbands für Arbeit und sozialeIntegration (EFAS) zur Ausgestaltung eines Regelinstrumentes "Teilhabe am Arbeitsmarktfür alle".

Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit als zentrale sozialpolitische Aufgabe

Über 1,3 Millionen Menschen in Deutschland sind vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Sie waren innerhalb von zwei Jahren mehr als die Hälfte arbeitslos registriert oder haben an Maßnahmen teilgenommen und waren weniger als 30 Tage im Jahr sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die Hälfte dieser 1,3 Millionen Personen ist sogar seit mindestens fünf Jahren und ein Drittel seit mindestens zehn Jahren vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Diese Menschen haben keine reale Chance auf Integration in den regulären Arbeitsmarkt.

Diakonische Hilfen für Arbeitslose haben eine lange Tradition. Die Diakonie bietet Beratung, Betreuung und Beschäftigungsangebote und setzt sich anwaltschaftlich für Menschen ein, die von Arbeitslosigkeit,sozialer Ausgrenzung und Armut betroffen sind. Nach christlich-diakonischem Verständnis gilt es, Menschen zu helfen, Armut und Ausgrenzung zu überwinden, sie darin zu unterstützen, ihre individuellen Fähigkeiten zu entwickeln und sie zu befähigen, sich für eine Verbesserung ihrer Lebenssituation einzusetzen. Dabei ist Unterstützung auf Augenhöhe nötig.

Die Diakonie Deutschland und der EFAS begrüßen die Pläne von Bundesarbeitsminister Heil, eine grundlegende und kritische Debatte um die Ausrichtung der Grundsicherung zu führen und dafür mit unterschiedlichen Akteuren in den Dialog zu treten. Die Diakonie Deutschland und der EFAS beteilige nsich gerne an diesem Dialog. Grundlegende Ansatzpunkte für eine Neuausrichtung des SGB II sind:

eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelbedarfe,

die Abschaffung von Sanktionen,

eine Verbesserung der Beratungsqualität in den Jobcentern,

ein ausgeweitetes Angebot der öffentlich geförderten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und der beruflichen Qualifizierung und Weiterbildung,

Hilfestellungen zur sozialen Teilhabe und verbesserte Leistungen für Bildung und Teilhabe für Kinder und Jugendliche.

Statt kurzfristiger und wenig nachhaltiger Vermittlungslogik sollen längerfristige Integrationsstrategien, die den Menschen Perspektiven bieten, verfolgt werden.

Aus Sicht der Diakonie Deutschland und des EFAS ist eine ausreichende, aufgabenadäquate und bedarfsorientierte Mittelausstattung für den Eingliederungstitel und die Verwaltung der Jobcenter erforderlich.Die im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vereinbarte Erhöhung des Eingliederungstitels von vier Milliarden Euro im Zeitraum 2018-2021 für die Umsetzung des neuen Regelinstrumentes ist zu begrüßen, reicht aber nicht aus.

Im Koalitionsvertrag hat sich die neue Bundesregierung darauf verständigt, ein neues unbürokratisches Regelinstrument im Sozialgesetzbuch II - "Teilhabe am Arbeitsmarkt für alle" - im Sinne eines Sozialen Arbeitsmarktes zu schaffen. Im Folgenden formulieren Diakonie Deutschland und EFAS auf Basis ihrer arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Grundsatzpositionierungen Eckpunkte zur Ausgestaltung dieses neuen Instrumentes und knüpfen dabei an Aussagen im Koalitionsvertrag sowie an das von der ehemaligen Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles 2015 vorgelegte Konzept "Nachhaltige Chancen für Langzeitarbeitslose: Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt" an.

Die Diakonie Deutschland und der EFAS weisen darauf hin, dass das neue Regelinstrument "Teilhabe am Arbeitsmarkt für alle" nicht für alle Langzeitarbeitslosen eine geeignete Förderung darstellt. Für diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen oder wegen besonderer sozialer Schwierigkeiten nicht für ein solches Regelinstrument zur Verfügung stehen, sind individuelle, niedrigschwellige auch rechtskreisübergreifende Hilfen sowie niederschwellige Möglichkeiten der Teilhabe an Arbeit zu ermöglichen.Modelle, wie sie im Zuverdienst als Teilhabegelegenheiten angelegt sind, sind zu ermöglichen beziehungsweise auszubauen.

Diese Punkte werden in der Stellungnahme erläutert.