Soziales Unternehmertum
Sozial? Oder unternehmerisch?
Es erscheint auf den ersten Blick wie ein Gegensatz: Entweder man ist sozial oder unternehmerisch orientiert. Doch die soziale Daseinsvorsorge hat in den letzten Jahren große Umwälzungen erlebt. Der wachsende Sozialmarkt in Deutschland und der EU-Binnenmarkt haben den Rahmen verändert. Was bedeuten diese Entwicklungen für die Zukunft sozialer Arbeit?
Soziales Unternehmertum aus Sicht der Diakonie
Diakonische Aktivitäten drücken sich in vielen Ansätzen, Initiativen und Rechtsformen aus. Diakonische Unternehmen besitzen eine sowohl unternehmerische wie wertorientierte Kompetenz zur Lösung von Problemen. Sozialunternehmen müssen sich zunehmend auch "am Markt" behaupten. In der einen oder anderen Form greifen die meisten daher auch auf unternehmerische Methoden und Herangehensweisen zurück, um ihre jeweiligen Anliegen im Interesse ihrer Zielgruppen umzusetzen. Dabei nutzen sie unterschiedliche Finanzierungsquellen und reinvestieren den größten Teil ihres Gewinnes, um ihre sozialen Ziele zu erreichen.
Dr. Jörg Kruttschnitt, Vorstand Finanzen, Personal und Recht der Diakonie Deutschland: „Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, unternehmerisch klug und innovativ zu handeln und die Herausforderungen im besten Fall sogar 'unternehmungslustig' anzugehen, wenn wir unsere Ziele erreichen und langfristig Wirkung erzielen wollen. ”
Nachgefragt
Warum soziales Unternehmertum genauso wie soziale Innovation für jede Einrichtung der Diakonie Relevanz hat, erläutert die Leiterin des Zentrums Recht und Wirtschaft der Diakonie Deutschland, Dr. Natascha Sasserath-Alberti.
Soziales Unternehmertum gehört unmittelbar zum heutigen Selbstverständnis der Diakonie. Diakonie-Stationen, Krankenhäuser oder Pflegeheime – unabhängig von ihrer Größe - verstehen sich als diakonische Unternehmen, die im Schnittfeld zwischen sozialem Auftrag und verantwortungsvollem Wirtschaften handeln: Sie agieren am Sozialmarkt und müssen sich auch im Wettbewerb behaupten. Sie sind Arbeitgeber und bieten Dienstleistungen für Menschen in sozialen und gesundheitlichen Notlagen an, gewissermaßen für ihre „Kunden“. Dabei orientiert sich diakonisches Unternehmertum jedoch stets an christlichen Werten sowie an der gesellschaftlichen Wirkung und nicht an Profitgenerierung: Als gemeinnützige Unternehmen reinvestieren sie ihren Gewinn vollständig in den Satzungszweck.
Nehmen wir eine unternehmerische Perspektive ein, erweitert sich unser Rahmen für die Lösung gesellschaftlicher Probleme wie auch für die zukunftsfähige Aufstellung unserer Träger und Einrichtungen. Dies ist angesichts der vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit dringend erforderlich: demografischer Wandel, Migration, Fachkräftemangel, Digitalisierung, Globalisierung … Um diese komplexen Aufgaben zu lösen, brauchen wir innovative Ansätze, den effizienten Umgang mit Ressourcen und ein schnelles Reagieren auf aktuelle Entwicklungen. Dabei ist uns wichtig, unternehmerisches Handeln nicht nur zu kopieren, sondern im eigenen Kontext neu zu definieren.
Innovationen, also die Entwicklung von neuen Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen, gehören zu den Kernaufgaben sozialer Unternehmen. Beispiel Diakonie auf dem Land: Um soziale und gesundheitliche Dienste auch in entlegenen Gebieten zu gewährleisten, arbeitet die Diakonie Schleswig-Holstein zurzeit daran, soziale Dienstleistungen und Mobilitätsangebote besser mit den Menschen vor Ort zu verknüpfen. In diesem Anspruch, Antworten auf neue sozial-relevante Fragen finden, sehen wir eine große gemeinsame Schnittmenge mit den Social Entrepreneurs und ihren Startups. Durch verstärkte Kooperationen wollen wir künftig mehr voneinander lernen und Synergien zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen heben. Dazu sind wir gerade am Aufbau eines Netzwerks aus Wohlfahrts- und Startupverbänden. Indem wir uns regelmäßig austauschen, gemeinsame Vorhaben anstoßen und politisch für innovationsfreundliche Rahmenbedingungen eintreten, soll die Innovationskraft des sozialen Sektors insgesamt an Fahrt gewinnen.
Aktuelles
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Weitere Informationen
- Selbstverständnis diakonischer Unternehmen 2017 PDF (140 kB)
- Soziales Unternehmertum und aktuelle Tendenzen am Sozialmarkt (Diakonie Text 04.2016) PDF (477 kB)
- Soziales Unternehmertum in EU und Diakonie. Trends und Impulse PDF (378 kB)
- Das Sozialsystem Deutschlands in Wechselwirkung mit dem europäischen Binnenmarkt PDF (68 kB)
- Social enterprises and their ecosystems in Europe. Country report Germany PDF (1,33 MB)
- Gesellschaftlicher Fortschritt braucht soziale Innovation PDF (310 kB)
- Kampagnenseite des Verbandes diakonischer Dienstgeber
Ansprechpartnerin

NN
Leitung Zentrum Recht und Wirtschaft