Themenschwerpunkt

Soziales Unternehmertum

© Diakonie/Birgit Betzelt

Sozial? Oder unternehmerisch?

Es erscheint auf den ersten Blick wie ein Gegensatz: Entweder man ist sozial oder unternehmerisch orientiert. Doch die soziale Daseinsvorsorge hat in den letzten Jahren große Umwälzungen erlebt. Der wachsende Sozialmarkt in Deutschland und der EU-Binnenmarkt haben den Rahmen verändert. Was bedeuten diese Entwicklungen für die Zukunft sozialer Arbeit?

Soziales Unternehmertum aus Sicht der Diakonie

Diakonische Aktivitäten drücken sich in vielen Ansätzen, Initiativen und Rechtsformen aus. Diakonische Unternehmen besitzen eine sowohl unternehmerische wie wertorientierte Kompetenz zur Lösung von Problemen. Sozialunternehmen müssen sich zunehmend auch "am Markt" behaupten. In der einen oder anderen Form greifen die meisten daher auch auf unternehmerische Methoden und Herangehensweisen zurück, um ihre jeweiligen Anliegen im Interesse ihrer Zielgruppen umzusetzen. Dabei nutzen sie unterschiedliche Finanzierungsquellen und reinvestieren den größten Teil ihres Gewinnes, um ihre sozialen Ziele zu erreichen.

Dr. Jörg Kruttschnitt, Vorstand Finanzen, Personal und Recht der Diakonie Deutschland:

„Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, unternehmerisch klug und innovativ zu handeln und die Herausforderungen im besten Fall sogar 'unternehmungslustig' anzugehen, wenn wir unsere Ziele erreichen und langfristig Wirkung erzielen wollen. ”

Nachgefragt

Warum soziales Unternehmertum genauso wie soziale Innovation für jede Einrichtung der Diakonie Relevanz hat, erläutert die Leiterin des Zentrums Recht und Wirtschaft der Diakonie Deutschland, Dr. Natascha Sasserath-Alberti.

Soziales Unternehmertum gehört unmittelbar zum heutigen Selbstverständnis der Diakonie. Diakonie-Stationen, Krankenhäuser oder Pflegeheime – unabhängig von ihrer Größe - verstehen sich als diakonische Unternehmen, die im Schnittfeld zwischen sozialem Auftrag und verantwortungsvollem Wirtschaften handeln: Sie agieren am Sozialmarkt und müssen sich auch im Wettbewerb behaupten. Sie sind Arbeitgeber und bieten Dienstleistungen für Menschen in sozialen und gesundheitlichen Notlagen an, gewissermaßen für ihre „Kunden“. Dabei orientiert sich diakonisches Unternehmertum jedoch stets an christlichen Werten sowie an der gesellschaftlichen Wirkung und nicht an Profitgenerierung: Als gemeinnützige Unternehmen reinvestieren sie ihren Gewinn vollständig in den Satzungszweck.

Nehmen wir eine unternehmerische Perspektive ein, erweitert sich unser Rahmen für die Lösung gesellschaftlicher Probleme wie auch für die zukunftsfähige Aufstellung unserer Träger und Einrichtungen. Dies ist angesichts der vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit dringend erforderlich: demografischer Wandel, Migration, Fachkräftemangel, Digitalisierung, Globalisierung … Um diese komplexen Aufgaben zu lösen, brauchen wir innovative Ansätze, den effizienten Umgang mit Ressourcen und ein schnelles Reagieren auf aktuelle Entwicklungen. Dabei ist uns wichtig, unternehmerisches Handeln nicht nur zu kopieren, sondern im eigenen Kontext neu zu definieren.

Innovationen, also die Entwicklung von neuen Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen, gehören zu den Kernaufgaben sozialer Unternehmen. Beispiel Diakonie auf dem Land: Um soziale und gesundheitliche Dienste auch in entlegenen Gebieten zu gewährleisten, arbeitet die Diakonie Schleswig-Holstein zurzeit daran, soziale Dienstleistungen und Mobilitätsangebote besser mit den Menschen vor Ort zu verknüpfen. In diesem Anspruch, Antworten auf neue sozial-relevante Fragen finden, sehen wir eine große gemeinsame Schnittmenge mit den Social Entrepreneurs und ihren Startups. Durch verstärkte Kooperationen wollen wir künftig mehr voneinander lernen und Synergien zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen heben. Dazu sind wir gerade am Aufbau eines Netzwerks aus Wohlfahrts- und Startupverbänden. Indem wir uns regelmäßig austauschen, gemeinsame Vorhaben anstoßen und politisch für innovationsfreundliche Rahmenbedingungen eintreten, soll die Innovationskraft des sozialen Sektors insgesamt an Fahrt gewinnen.

Journal

  • Soziales Unternehmertum

    Entdeckungstour bei Social Entrepreneuren

    Im September 2018 machten sich Interessierte aus der Diakonie auf Entdeckungstour in die Landschaft der Social Entrepreneurs. Raul Krauthausen von den Sozialhelden e.V. und andere gaben Einblick in ihre Ideenwerkstätten.

    © Diakonie/Benjamin Scharf
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    "Soziale Milchwirtschaft"

    In Biesenthal nahe Berlin wird seit 2010 ein ganz besonderer Joghurt hergestellt: "Lobetaler Bio". In der Bio-Molkerei der Hoffnungstaler Werkstätten arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung zusammen.

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    Soziale Innovationen - Kreativ für einen guten Zweck

    (Social) Startups und Wohlfahrt werden oft als Gegensätze oder sogar Konkurrenten betrachtet. Tatsächlich eint beide viel mehr, als man auf den ersten Blick vermuten würde.

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    Neue Werte schaffen im "Wertraum"

    Der Wertraum ist ein Berliner Sozialbetrieb und eine Upcycling-Werkstatt von Die Wille, die als gemeinnützige GmbH benachteiligte Menschen mit erschwertem Zugang zum Arbeitsmarkt beschäftigt.

    © Diakonie/Ulrike Pape

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NN

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