Andreas Rath: Altenpfleger, lebensfroh und optimistisch

23. April 2018
  • Kampagne UNERHÖRT!
  • Gesundheit und Pflege

Andreas Rath ist Altenpfleger in der Tagespflege "Die Aue" in Berlin. Er arbeitet mit demenzkranken Menschen. Andreas Rath liebt seinen Beruf. Pflegekräfte brauchten aber mehr Anerkennung, findet er. Hören Sie seine Geschichte!

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Zuhören statt Verurteilen

Diese Geschichte ist Teil der Kampagne UNERHÖRT! Damit wirbt die Diakonie Deutschland für eine offene Gesellschaft: Viele Menschen haben heute das Gefühl, nicht gehört zu werden. Sie fühlen sich an den Rand gedrängt in einer immer unübersichtlicheren Welt, in der das Tempo steigt und Gerechtigkeit auf der Strecke zu bleiben droht. Doch jede Lebensgeschichte hat ein Recht darauf, gehört zu werden.

Andere Menschen wiederum engagieren sich mit viel Zeit und Leidenschaft in ihrer Familie, ihrem Beruf oder ehrenamtlich und sind dabei oft am Limit. Diese Alltagshelden tragen erheblich zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft bei, stehen jedoch selten im Licht der Öffentlichkeit. Auch sie kommen in  unserer Kampagne zu Wort, damit sie mehr Beachtung finden.

Manche Geschichte fordert Widerspruch heraus. Zuhören bedeutet nicht automatisch Zustimmung. Und nicht alles, was erzählt wird, entspricht unserem Menschenbild oder den Positionen der Diakonie. Darüber müssen wir reden - denn häufig steckt hinter einer Geschichte eine existenzielle Notlage.

Die Kampagne, die von 2018 bis 2020 laufen soll, will wachrütteln und zugleich aufzeigen, dass die Diakonie zuhört, Lösungen bereithält und eintritt für eine offene und vielfältige Gesellschaft. Die Diakonie will diese Diskussion anstoßen und führen, sie will zur Plattform für einen Diskurs rund um soziale Teilhabe werden.

Andreas Raths Geschichte zum Nachlesen

Ich bin Andreas Rath, 61 Jahre alt, seit 30 Jahren Altenpfleger, stolzer Beruf, schöner Beruf, lebensfroh und optimistisch und arbeite in der Tagespflege “Die Aue“, bin hier der Pflegedienstleiter, habe ein ganz tolles, nettes Team. Wir versorgen hier 38 meist gerontopsychiatrisch erkrankte alte Menschen. Das Besondere an der Arbeit mit dementen alten Menschen ist, jeder der vor einem sitzt oder steht, ist wieder eine Herausforderung, weil man nicht weiß, in welcher Form diese Demenz ausgeprägt ist, weil man nicht weiß, in welcher Form man an ihn herankommt, dass es eben ein schöner Tag wird. Die Herausforderung im Umgang mit Demenzkranken ist das herausfordernde Verhalten, das sich entwickelt, die Probleme, die man hat, selbst damit klar zu kommen, aber auch die Masse der demenzkranken, diese unendliche Flut von Anmeldungen hier in unserer Tagesstätte.

In der Aue haben wir eine gute Situation. Tagespflege ist auch für Mitarbeiter eine angenehme Arbeit. Montag bis Freitag, geregelte Zeit, aber der Grundsatz der Schwierigkeiten in der Pflege den kennen wir alle. Wir haben  den absoluten Pflegekräftemangel, nicht nur im Fachbereich, sondern auch im Bereich der Pflegehelfer, die fehlende Wertschätzung, die fehlende Anerkennung, auch die finanzielle Ausstattung des Pflegeberufes. Das ist einfach nur grauenhaft und muss irgendwie in den Griff gekriegt werden. Und wir wissen, dass wir in der Pflege einfach auch Geld kosten.

Wir leben aus dem Sozialsystem, aber trotzdem muss, wenn man die Menschlichkeit in den Vordergrund stellt und die Wertschätzung den alten Menschen g egenüber, die das erschaffen haben, worauf wir hier setzen, dann ist es doch einfach nur ne logische Folge, dass dieses Land auch dafür sorgen muss, dass die Leute ordentlich versorgt werden.

Insgesamt will ich mal diesen Pflegebegriff ein bisschen runterdatteln. Es geht ja eigentlich um Leben in so einem Heim. Es geht darum, ich möchte ja nicht gepflegt werden in so einem Heim, das ist so ein kleiner Aspekt am Tag,  ich will da leben nach meinen individuellen Bedürfnissen. Ich möchte auch meine Ruhe haben, ich möchte aktiviert werden. Und da sind alles so Grenzbereiche, die teilweise klappen, aber insgesamt doch nicht in dem, wie man es sich vor stellt. Wir haben jetzt eine Altenpflegerin im Bundestag als Abgeordnete, und die werden wir auch ganz intensiv einbeziehen in diese Forderungen, die wir haben. Die heißen nämlich: wir haben ein Pflegestärkungsgesetz seit 1.1.2017, was ausgezeichnet ist, man muss es auch loben, für die Betroffenen. Die finanzielle Ausstattung ist viel besser. Was wir aber brauchen ist ein Pflegekräftestärkungsgesetz. Und da hakt es an allen Ecken und Enden. Da wird gesagt, wir wollen, wir wollen, wir wollen, wir werden, aber das muss eigentlich gleich passieren, so dass dieser Beruf für alle attraktiv wird.

Interview: Diakonie/Barbara Maria Vahl
Schnitt: Diakonie/Maja Schäfer