Amru (20): "Die Deutschen haben ein falsches Bild über den Islam"

24. Januar 2018
  • Kampagne UNERHÖRT!
  • Flucht und Migration

Amru ist als palästinensischer Flüchtling in Syrien geboren - und musste nun zum zweiten Mal fliehen. Sein größter Wunsch: Ein Job mit einem guten Gehalt, damit er seine Familie nachholen kann.

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Zuhören statt verurteilen!

Diese Geschichte ist Teil der Kampagne UNERHÖRT! Damit wirbt die Diakonie Deutschland für eine offene Gesellschaft: Viele Menschen haben heute das Gefühl, nicht gehört zu werden. Sie fühlen sich an den Rand gedrängt in einer immer unübersichtlicheren Welt, in der das Tempo steigt und Gerechtigkeit auf der Strecke zu bleiben droht. Doch jede Lebensgeschichte hat ein Recht darauf, gehört zu werden.

Manche Geschichte fordert Widerspruch heraus. Zuhören bedeutet nicht automatisch Zustimmung. Und nicht alles, was erzählt wird, entspricht unserem Menschenbild oder den Positionen der Diakonie. Darüber müssen wir reden - denn häufig steckt hinter einer Geschichte eine existenzielle Notlage.

Die Kampagne, die von 2018 bis 2020 laufen soll, will wachrütteln und zugleich aufzeigen, dass die Diakonie zuhört, Lösungen bereithält und eintritt für eine offene und vielfältige Gesellschaft. Die Diakonie will diese Diskussion anstoßen und führen, sie will zur Plattform für einen Diskurs rund um soziale Teilhabe werden.

Amrus Geschichte zum Nachlesen

Ich bin Amru, ich komme aus Syrien, ich bin seit fast zwei Jahren in Deutschland. Und ich bin 20 Jahre alt. Leider bin ich alleine hierher gekommen. Meine Familie ist noch in Syrien, Damaskus. Ich bin in Damaskus geboren. Aber bei mir ist es etwas Besonders: Ich bin Palästinenser, aber in Syrien geboren. Das bedeutet, ich bin schon das zweite Mal Flüchtling: Das erste Mal in Syrien, das zweite Mal in Deutschland.

Was mir wirklich fehlt, ist meine Familie. Das ist die Hauptsache. Ohne Familie kann man nicht leben. Ich habe drei Brüder, die sind immer noch in Syrien. Und ich studiere jetzt, damit ich eine gute Arbeit habe, nachher einen guten Lohn habe. Dann kann ich meine Familie herholen.

Ich möchte keine deutsche Frau heiraten. Wir sind ja ein bisschen stark mit unseren Frauen. Die deutschen Frauen akzeptieren das nicht. Die können mit mir nicht umgehen. Wir sind ja sehr eifersüchtig. Die Deutschen akzeptieren das nicht, die sind offen. Das ist wirklich schwer, ein großes Problem!

Ich wohne in Potsdam, und dort akzeptieren sie uns. Aber sie haben schon Vorurteile und Stereotype über die Araber, weil wir Muslime sind. Also die haben ein falsches Bild über den Islam. Die haben Angst vor uns. Deswegen haben wir versucht, viel dagegen zu unternehmen. Aber wenn die andere Seite das nicht will, dann können wir nichts ändern. Zum Beispiel wollten wir uns in Potsdam mit einer anderen Gruppe unterhalten, die gegen den Islam sind, aber die wollten das nicht. Einmal ist es mir in der Straßenbahn passiert, dass mich jemand angeguckt und beleidigt hat. Und ich habe gesagt: „Hey, warum, was machst du, warum?“ Ich wurde wütend, aber ich kann nichts dagegen machen.

Wir machen mit der Stiftung ein Schulprojekt. Wir gehen jede Woche in eine andere Schule, um den deutschen Kindern zu zeigen wie die Araber sind. Wir waren in einer Schule, wo sie Konflikte zwischen den Arabern und den Deutschen hatten. Die konnten kaum Deutsch und streiten immer auf der Schaukel. Um ehrlich zu sein, waren die Araber ein bisschen aggressiv. Die Schule hat mir versprochen, dass sie eine kleine Uhr aufstellt, damit alle fünf Minuten jemand anders schaukeln kann. Ich hoffe, das funktioniert! Ich habe denen auch meine Telefonnummer gegeben und gesagt, wenn ihr ein Problem habt, ruft mich an, dann helfe ich gerne.

Audio und Text: Diakonie/Maja Schäfer