Wie eine Altenpflegerin in Zeiten von Corona arbeitet
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Menschen im Gesundheitssystem leisten gerade in diesen Zeiten einen außerordentlichen Job. Wir wollten wissen, wie der Alltag in einem ambulanten Pflegedienst in Zeiten von Corona aussieht. Petra Hartwig, Altenpflegerin in Oldenburg, hat ihren Berufsalltag für uns geschildert.

Petra Hartwig vor ihrem Dienstwagen. Die Altenpflegerin betreut um die zehn Patienten auf ihrer täglichen Tour.
Meine Schicht fängt um 6.00 Uhr morgens an, ich fahr ins Büro und hole die Schlüssel für meine Tour ab. Wenn wir bei den Patienten angekommen sind, waschen wir uns natürlich ausführlich die Hände und arbeiten mit Handschuhen. Nach jedem Hausbesuch wechseln wir die Handschuhe und desinfizieren die Hände. Aber das machen wir sowieso schon immer. Wir haben jeder unser kleines Desinfektions-Fläschchen in der Tasche.
Manche Patienten sind schon ein wenig ängstlich und wollen gar nicht mehr, dass wir kommen. Das ist etwa der Fall, wenn wir nur Medikamente verabreichen. Bei vielen gibt es aber gar keine Alternative, weil sie auf unsere Hilfe angewiesen sind, zum Beispiel weil sie sich nicht alleine waschen, anziehen oder Medikamente nehmen können. Viele unserer Patienten leben sehr isoliert, da sind wir die einzigen, die noch kommen. Ich habe einen Patienten, da lebt die Tochter im Ausland. Sie wollte gerade herkommen, als die Grenzen dichtgemacht wurden. Sie macht sich natürlich fürchterliche Sorgen um ihren Vater. Sie hat auch schon bei uns angerufen, dass wir ihr beim kleinsten Mucks Bescheid geben sollen, weil ihr Vater das Corona-Virus zu locker sehe.
Viele dachten, es wäre eine Durchfallerkrankung
Ich habe meinen Patienten angeboten, dass ich für sie einkaufen gehen kann. Ich bin sowieso jeden Tag unterwegs. Für den älteren Herrn war ich auch schon einkaufen. Manche gehen trotz Warnung raus. Wenn noch Kinder da sind, sagen die zwar, ihr geht nicht raus, aber das hilft auch nichts.
Wir bekommen regelmäßig vom Gesundheitsministerium Vorgaben. Am Anfang ging es dabei auch um Infos zu den Symptomen. Die haben wir ausgedruckt und an unsere Patienten verteilt, die Verunsicherung war nämlich groß. Viele dachten, es wäre eine Durchfallerkrankung, weil das Klopapier ausverkauft war.
Natürlich haben wir Notfallpläne
Jetzt werden Desinfektionsmittel und Handschuhe knapp. Meine Chefin kauft jetzt, was sie kriegen kann, und kann auch nicht mehr auf den Preis gucken. Aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Unser Hauptlieferant kann uns jetzt schon nicht mehr beliefern, selbst Wartelisten gibt es nicht. Bis jetzt ist noch keiner unserer Patienten krank, auch keiner aus dem Team.
Und natürlich haben wir Notfallpläne. Wenn ein Patient an Corona erkranken sollte, gehen ein bis zwei feste Pflegerinnen mit persönlicher Schutzkleidung dahin. Da war meine Chefin wirklich gut. Als es los ging, hat sie sich sofort an den PC gesetzt und vorgesorgt.
Die Stimmung bei uns im Team ist gut, zu Anfang waren einige panisch, andere sagten, so schlimm ist das doch gar nicht. Aber jetzt sind wir alle auf dem gleichem Level. Ich habe keine Angst, arbeiten zu gehen.
Den Kontakt zu meinen Kindern und Enkelkindern habe ich natürlich abgebrochen. Das ist mir sehr schwer gefallen, die wohnen fast neben uns. Aber ich bin in so vielen Häusern und Wohnungen unterwegs und damit die größte Gefahr. Aber deswegen schiebe ich trotzdem keine Panik. Den Patienten muss jetzt geholfen werden, da können wir ja schlecht sagen, das machen wir jetzt nicht.
Protokoll: Anieke Becker, aufgenommen am 30. März 2020
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Petra Hartwig arbeitet in der Diakoniestation Oldenburg als Altenpflegerin. Die Diakoniestation hat 40 Mitarbeitende und betreut um die 125 Patienten.