Projekt gegen Gewalt in Familie und Beziehung

24. November 2015
  • Journal
  • Familie und Kinder

Das Präventionsprojekt RESPEKT der Diakonie Heilbronn will Wege aus gewaltgeprägten Beziehungen aufzeigen. Zum Beispiel durch Workshops an Schulen. Es ist einer der Preisträger des Sozialpreises innovatio 2015.

© Diakonie/Daniel Muff

Das Präventionsprojekt RESPEKT setzt sich gegen Gewalt in Familie und Beziehung ein

Gleich die erste Frau, die in Michaela Bertschs Sprechstunde kam, erzählte, dass sie Gewalt bereits aus ihrer Kindheit kenne, damals selbst schon Gewalt in der Familie erlebt habe. "Wir erleben leider sehr häufig, dass Gewalterfahrungen weitergegeben werden", berichtet die Mitarbeiterin der Beratungsstelle für Frauen beim Diakonischen Werk Heilbronn, "Viele trauen sich lange nicht, Hilfe und Unterstützung in Anspruch zu nehmen."

Genau hier setzt "RESPEKT" an, ein Förderprojekt der "Aktion Mensch". "Wir wollen diesen Kreislauf durchbrechen, indem wir das Thema aus der Tabuzone holen und junge Menschen ansprechen, die vielleicht gerade ihre ersten Erfahrungen in Beziehungen machen". Gewalt in der Familie oder in Beziehungen sei keineswegs Privatsache, sondern gehe uns alle an - insbesondere die Menschen im Umfeld, die dann aber oft unsicher seien, ob das überhaupt Gewalt sei und wie der betroffenen Person wirklich geholfen werden könne.

In der Tat hat Gewalt in einer Beziehung oder in einer Familie ganz unterschiedliche Facetten: Neben der offensichtlichen körperlichen oder sexuellen Gewalt gibt es auch die emotionale Gewalt, etwa ständige Demütigungen, oder ökonomische Gewalt, wenn jemand finanziell kurz gehalten wird, oder die soziale Gewalt, wenn der Partner eingeengt wird.

"Wir wollen sensibilisieren und ermutigen zu Beziehungen, die von Achtung und Selbstverantwortung geprägt sind", bringt die Sozialarbeiterin ihr Anliegen auf den Punkt. Das Präventionsprojekt gegen häusliche Gewalt richtet sich in erster Linie an junge Betroffene, die sowohl diejenigen sein können, die Gewalt erleiden wie auch diejenigen, die Gewalt ausüben, außerdem Freunde, das soziale Umfeld und Erwachsene, die unterstützend auftreten können.

In die Opfer-Rolle schlüpfen

Alle drei Zielgruppen werden heute angesprochen: Die 33-Jährige leitet  Workshops an Schulen, aber auch Weiterbildungen von Erwachsenen wie Lehrern oder Pfarrern, die mit Jugendlichen in Kontakt stehen. Heute ist sie am sozialwissenschaftlichen Gymnasium des Kolping-Bildungszentrums Heilbronn. Die Schülerinnen und Schüler  der 11b sind möglicherweise angehende Fachkräfte im sozialen Bereich. In Rollenspielen schlüpfen sie in verschiedene Rollen und erleben so, wie es sich anfühlen kann, als Opfer zum Erzählen gedrängt zu werden oder als Bekannter ratlos zu sein, wenn das Opfer Hilfe abblockt und den Täter auch noch in Schutz nimmt.

Und so gibt Michaela Bertsch den Jugendlichen nach dem Rollenspiel mögliche Hilfestellungen mit auf den Weg: "Auf gar keinen Fall wegschauen oder schweigen, aber auch keine Ratschläge erteilen, sondern: Vertrauen und Mut aufbauen, Ich-Botschaften aussprechen, immer wieder signalisieren, dass man da ist und dass es professionelle Hilfsangebote gibt". So hat die Diakonie Heilbronn ein breites Netz aus Fachberatungsstellen. Da Gewalt häufig nachts und am Wochenende geschieht, ist die Beratungsstelle, zu der RESPEKT gehört, rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche erreichbar.

Redaktion: Diakonie/Ulrike Pape