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Seit 2007 betreuen mehr als 100 Frauen und Männer Kinder an Schulen in Berlin. Sie sind Schulpaten in einem Projekt der Diakonie und der Schulstiftung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. So wie Rüdiger Jüdes.
Freitagmorgen, viertel vor zehn, Unterrichtsbeginn an der Evangelischen Schule in Lichtenberg. Deutsch steht heute für die fünfte Klasse im Stundenplan. Ein paar Schülerinnen und Schüler sitzen mit müden Gesichtern auf ihren Stühlen und schweigen, die meisten quasseln miteinander bis eine Frage der Lehrerin für Stille sorgt: "Wer möchte heute mit Herrn Jüdes arbeiten?" Rüdiger Jüdes steht mit verschränkten Armen vor der Klasse und sieht rund 20 Kinderhände nach oben schnellen. Er lächelt zufrieden. "Für mich ist das immer ein ganz wichtiger Moment", wird Jüdes später sagen. Der Moment, der den Schulpaten Jüdes in seiner Arbeit bestätigt. Alle wollen die Deutschstunde mit Herrn Jüdes verbringen – jeden Freitag bietet sich diese Gelegenheit. Die Lehrerin muss dann fünf bis sechs Schüler auswählen, jede Woche ist jemand anderes dran.
Jüdes ist seit fünf Jahren Schulpate an der Evangelischen Schule in Lichtenberg. Der 70-Jährige ist Teil eines Kooperationsprojektes zwischen dem Diakonischen Werk und der Schulstiftung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO). Es heißt "Partnerschaft im Schulalltag", kurz PISA. Die Idee: Größtenteils ältere Menschen helfen Jüngeren. Sie arbeiten wie Jüdes als Lesepaten, betreuen Hausaufgaben, helfen in naturwissenschaftlichen Fächern wie Mathe oder leiten Projekte am Nachmittag, die sich mit Gartenbau oder etwa Schach beschäftigen.
Schulpaten entlasten die Lehrkräfte
Mehr als 100 Schulpaten der Schulstiftung der EKBO engagieren sich an zehn Schulen in Berlin. An der Evangelischen Schule in Lichtenberg startete das Projekt 2007. "Seitdem können wir unsere Schüler viel individueller betreuen", sagt Schulleiterin Beate Sommerfeldt. Sie leitet eine Schule mit einer in Berlin vergleichsweise geringen Schüleranzahl pro Klasse: Höchstens 24 Kinder drücken hier gemeinsam die Schulbank, 26 Schülerinnen und Schüler pro Klasse sind es in Berlin im Durchschnitt. Natürlich würden ihre Lehrer, den Unterricht auch ohne Schulpaten meistern, sagt Leiterin Sommerfeldt. "Trotzdem entlasten sie natürlich auch unsere Lehrkräfte.
Der größte Vorteil sei aber, dass mit den Schulpaten Menschen den Unterricht führen, die eigene Erfahrungen mitbringen - mit beruflichen Laufbahnen, die sich naturgemäß von denen der normalen Lehrer unterscheiden. Wie bei Rüdiger Jüdes: Er war sein ganzes Leben in der Baubranche tätig – und ist es bis heute. Obwohl er eigentlich verrentet ist, arbeitet er noch halbtags von Montag bis Donnerstag. Freitags - für ihn eigentlich ein Tag, an dem sein Wochenende beginnen könnte - unterrichtet er.
Weiterbilden als Pate
"Ich möchte beschäftigt sein und liebe Herausforderungen", sagt er. Und herausfordernd kann der Unterricht mit Schülerinnen und Schülern zwischen sechs bis 14 Jahren sein. Doch Jüdes fühlt sich vorbereitet: Mit den Lehrern und der Schulleiterin Beate Sommerfeldt tauscht er sich über die Lerninhalte sowie über die Schüler und ihre möglichen Schwächen aus. Zudem hat er schon an Fortbildungen teilgenommen, die die Schulstiftung für ihre Schulpaten anbietet. Dort lernen sie beispielsweise, wie man Legasthenikern am besten hilft oder welche Bücher sich für ein bestimmtes Alter ganz besonders zum Vorlesen eignen. Ansonsten muss man nicht viel mitbringen, um Schulpate zu sein, sagt Projekt-Koordinatorin Marie-Rose Zacher. Außer: "Die Neugier auf Kinder und die Fähigkeit ihnen zuhören zu können".
Text: Diakonie/Wolf-Hendrik Müllenberg
Eine tolle Aufgabe - Partner im Schulalltag