Nachgefragt: „Verschwörungserzählungen nicht unkommentiert lassen und Grenzen aufzeigen“
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Seit einigen Monaten gehen immer wieder Menschen auf die Straße, um gegen die Corona-Politik der Bundesregierung zu protestieren. Was treibt diese Menschen um? Christina Wüstefeld leitet bei der Diakonie Deutschland das Projekt „Kompetent und Engagiert! Gegen Rechtspopulismus – für eine plurale Demokratie“. Sie erklärt die Hintergründe.

Die Beweggründe der Menschen, die gegen die Corona-Politik protestieren, sind vielfältig. Impfskeptiker und Esoteriker sind genauso vertreten wie Menschen, die um ihre Grundrechte besorgt sind.
Um gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung zu protestieren, gehen deutschlandweit Menschen auf die Straße. Welche Beweggründe stecken dahinter?
Christina Wüstefeld: Das Spektrum an Menschen, die auf die Straße gehen, ist breit. Ebenso wie die Beweggründe. Impfskeptiker und Esoteriker sind genauso vertreten wie Menschen, die um ihre Grundrechte besorgt sind. Auch Verschwörungsideologen, Reichsbürger und Rechtsextreme protestieren gegen die Corona-Maßnahmen.
Natürlich muss es möglich sein, Sorgen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie auszudrücken und Maßnahmen kritisch zu hinterfragen. Leider werden hierbei oft Fakten verdreht und Verschwörungserzählungen verbreitet. Zudem gibt es einen gefährlichen Schulterschluss mit Rechtsextremen. Die Anhängerinnen und Anhänger von Verschwörungserzählungen stehen staatlichen Institutionen und wissenschaftlichen Fakten sehr skeptisch gegenüber. Damit sind sie sehr anschlussfähig an rechtspopulistische, rechtsextreme und antisemitische Inhalte und Bewegungen. Es gibt zwar auch viele Demonstrierende, die diese Einstellungen nicht teilen. Sie grenzen sich aber auch nicht deutlich genug ab und geben diesen Menschen somit eine Bühne.
Was kann ich tun, wenn in meinem privaten oder beruflichen Umfeld Menschen Verschwörungserzählungen anhängen?
Wüstefeld: Es gibt mehrere Möglichkeiten auf Verschwörungserzählungen zu reagieren.
- Nicht unkommentiert lassen. Vielleicht hat der- oder diejenige einfach nur etwas aufgeschnappt, was leicht klargestellt werden kann.
- Über Gefühle reden. Menschen sind anfällig für Verschwörungsmythen, wenn sie das Gefühl haben, keine Kontrolle zu haben. Also fragen Sie nach, wo Ängste, Wut oder Verzweiflung herkommen. Vielleicht kann man diesen Gefühlen dann ja auf andere Weise begegnen.
- Grenzen aufzeigen. Dort wo rassistische, antisemitische oder antidemokratische Inhalte verbreitet werden, klarmachen, dass dies nicht hinnehmbar ist.
- Machen Sie sich nicht lustig! Dann verliert Ihr Gegenüber die Gesprächsbereitschaft. Sie wollen ja auch nicht ausgelacht werden.
- Stellen Sie Nachfragen: Woher stammt die Information? Wer verbreitet sie? Welche verschiedenen Darstellungen eines Sachverhalts gibt es?
- Wenn es zu abstrus wird, oder Sie sich belastet fühlen, können Sie im privaten Kontext das Gespräch abbrechen. Im beruflichen Kontext sollten Sie jedoch bei antisemitischen oder rassistischen Verschwörungserzählungen nicht wegschauen und gegebenenfalls Vorgesetzte informieren.
Wo kann ich mich weiter informieren?
Wüstefeld: Die Amadeu-Antonio-Stiftung stellt viel Material zur Verfügung, unter anderem eine Handreichung zum Umgang mit Verschwörungsideologien. Auch in der neuen Auflage der Broschüre Umgang mit Rechtspopulismus und Rechtsextremismus gibt es ein Kapitel zum Umgang mit Verschwörungsmythen.
Wer sich schulen möchte, kann an Fortbildungen oder Diskussionen zum Umgang mit Verschwörungsgläubigen und extremen Rechten teilnehmen. Derartige Angebote gibt es auch von der Diakonie. Empfehlenswert ist zudem die Plattform klicksafe für mehr Sicherheit im Netz. Dort gibt es verschiedene Videos zum Phänomen der Verschwörungsmythen sowie Tipps zum Umgang damit.
Redaktion: Diakonie/Sarah Spitzer