Nachgefragt: Kältehilfe braucht dringend mehr Plätze
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Für die geschätzt über 650.000 wohnungslosen Menschen in Deutschland wird die kalte Jahreszeit in der Corona-Krise zur besonderen Gefahr. Die ohnehin schon begrenzten Plätze der Kältehilfe sind in diesem Jahr besonders knapp. Grund dafür sind die notwendigen Maßnahmen zum Infektionsschutz. Wie Kältehilfe unter Corona-Bedingungen funktioniert und welche Hilfen nötig sind, erklärt Lars Schäfer, Referent für Wohnungsnotfallhilfe bei der Diakonie Deutschland.

Auch die Einrichtungen der Kältehilfe müssen zum Infektionsschutz die Abstands- und Hygieneregeln einhalten. Dadurch sind die Plätze in diesem Jahr besonders knapp.
Was bedeutet die Corona-Krise für die Angebote der Kältehilfe?
Lars Schäfer: Die Kältehilfe steht in diesem Winter vor besonderen Problemen: Die Einrichtungen müssen zum Infektionsschutz die Abstands- und Hygieneregeln einhalten, wodurch sie weniger Betten bereitstellen können. Die ohnehin schon begrenzten Plätze der Kältehilfe werden dadurch noch einmal knapper. Manche Einrichtungen bleiben sogar ganz geschlossen. Darüber hinaus sind auch die Mitarbeitenden in der Kältehilfe einem Infektionsrisiko ausgesetzt.
Wie gelingt es, wohnungslosen Menschen Unterbringungs- und Versorgungsmöglichkeiten zu bieten und dabei den Infektionsschutz zu gewährleisten?
Schäfer: Das kann nur gelingen, wenn es mehr Unterkünfte gibt. Denn wenn in den einzelnen Einrichtungen weniger Plätze zur Verfügung stehen, müssen neue Unterkünfte gefunden werden. Zudem muss sichergestellt sein, dass wohnungslose Menschen und die Mitarbeitenden in den Einrichtungen der Kältehilfe bei entsprechender Symptomatik schnell getestet werden. Nur so kann beides gewährleistet werden: Infektions- und Kälteschutz.

Lars Schäfer ist Referent für Wohnungsnotfallhilfe bei der Diakonie Deutschland.
Die Zahl der Corona-Infektionen steigt wieder. Was braucht die Kältehilfe, um gegebenenfalls auch wohnungslosen Menschen, die an Corona erkrankt sind oder in Quarantäne müssen, verlässlich helfen zu können?
Schäfer: Die Berliner Stadtmission hat beispielsweise eine Quarantäne-Station für Obdachlose eingerichtet. Dort können sich Obdachlose, die positiv auf Covid-19 getestet wurden, zu häuslichen Bedingungen auskurieren. Weitere Ansteckungen können so vermieden und mögliche Infektionsketten durchbrochen werden. Aber eine solche Einrichtung ist natürlich an viele Voraussetzungen geknüpft: Man braucht den Platz, die notwendige Ausrüstung und das Personal für die soziale Betreuung. Kurzum, es kostet Geld. Die Kältehilfe braucht daher dringend mehr finanzielle Mittel, um wohnungslose Menschen, die bereits erkrankt sind, gut versorgen und alle anderen vor einer Infektion schützen zu können. Die Einrichtungen dürfen auf keinen Fall in die Situation geraten, wohnungslose Menschen mit Verweis auf Corona-Schutzmaßnahmen oder aufgrund einer Corona-Infektion abweisen zu müssen.
Redaktion: Diakonie/Sarah Spitzer