Nachgefragt: Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz
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Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird die Zuwanderung von Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten, den sogenannten Drittstaaten, vereinfachen. Das Gesetz tritt am 1. März 2020 in Kraft. Hintergründe erklärt Nicole Pinter, Referentin für Migrationsrecht bei der Diakonie Deutschland.

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll die Zuwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten erleichtern.
Was ist das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz und welche Neuerungen bringt es?
Nicole Pinter: Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll die Zuwanderung von Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten vereinfachen. Ziel ist es, mehr ausländische Fachkräfte und Menschen mit qualifizierter Berufsausbildung zur Arbeit nach Deutschland zu holen. Grundsätzlich gilt künftig: Jede Fachkraft aus einem Drittstaat, die einen Arbeitsvertrag in Deutschland und entsprechende berufliche Qualifikation nachweisen kann, darf nach Deutschland kommen. Wichtige Änderungen sind auch der Wegfall der Vorrangprüfung und der Beschränkung auf Mangelberufe. Das heißt: Bei anerkannter Qualifikation müssen die Behörden künftig nicht mehr prüfen, ob die Arbeitsstelle nicht auch durch deutsche oder EU-Staatsangehörige besetzt werden könnte. Zudem dürfen Ausländer aus Drittstaaten, die eine anerkannte Qualifikation besitzen, in allen für sie passenden Berufen arbeiten – und nicht wie bislang nur in Berufen, in denen Fachkräftemangel herrscht. Erleichtert werden zudem Arbeits- und Ausbildungsplatzsuche – dazu dürfen sich Fachkräfte und Ausbildungsplatzsuchende bis zu 6 Monate in Deutschland aufhalten, allerdings an bestimmte Bedingungen geknüpft. So müssen sie beispielsweise ihren Lebensunterhalt in dieser Zeit selbst verdienen.
Welche Auswirkungen hat das Gesetz auf die Fachkräfte, die Arbeitgeber und auf die Gesellschaft?
Pinter: Das ist derzeit noch schwer abzusehen. Der Erfolg des Gesetzes hängt zum Beispiel davon ab, wie unbürokratisch die neuen Regelungen in die Praxis umgesetzt werden, ob sich Verfahren tatsächlich beschleunigen und ob sich eine Willkommenskultur entwickelt bei den Servicestellen, den Behörden, bei den Arbeitgebern wie auch in der Gesellschaft. Es reicht längst nicht mehr, auf Fachkräfte zu warten – wir müssen um sie werben. Dazu gehört auch, dass Deutschland ihnen attraktive Perspektiven eröffnet und sie sich willkommen fühlen. Wenn es gut läuft, bringt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz – allerdings einer nicht allzu großen Zahl – von nach Deutschland kommenden Menschen eine Perspektive für ein besseres Leben. Für Arbeitgeber, zum Beispiel in der Pflege, ist es ein neuer Baustein, um den Fachkräftenachwuchs zu sichern.
Wie bewertet die Diakonie Deutschland das Gesetz?
Pinter: Insgesamt bringt das neue Gesetz einige Verbesserungen, vor allem für Fachkräfte ohne akademischen Abschluss. So ist beispielsweise neu der Aufenthalt in Deutschland zur Ausbildungsplatzsuche möglich, jedoch an sehr hohe Voraussetzungen geknüpft. Außerdem wird es leichter, sich in Deutschland nachzuschulen und damit auch ohne qualifizierten Berufsabschluss eine berufliche Perspektive zu bekommen. Bedauerlich ist aus Sicht der Diakonie insbesondere, dass die Perspektiven für als Asylsuchende nach Deutschland gekommene Menschen durch das zeitgleich verhandelte Gesetz über die Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung nicht verbessert wurden. Durch die sehr hohen Hürden werden die beiden Duldungsformen nur für eine kleine Zahl Asylsuchender den Zugang zum Beispiel in die Pflegeberufe eröffnen.
Vor allem in Süddeutschland verzeichnen diakonische Träger in Gesundheits- und Altenpflege einen hohen Bedarf an internationalen Fachpersonen und engagieren sich daher bereits in der Anwerbung von Arbeitnehmern. Dabei haben sie auch die Bedarfe an Fachkräften in den Herkunftsländern im Blick, um einen so genannten Brain-Drain zu vermeiden. So kooperiert die Diakonie Württemberg mit örtlichen Partnerorganisationen im Kosovo, um arbeitslosen jungen Menschen aus diesem Balkanland eine Ausbildung in Stuttgart und Umgebung zu ermöglichen.
Interview: Diakonie/Sarah Spitzer