Nachgefragt: Corona-Pandemie wird für Alleinerziehende und deren Kinder zur Belastungsprobe
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Die Corona-Pandemie stellt alleinerziehende Mütter und Väter vor besonders große Herausforderungen – die sie alleine meistern müssen. Welche Unterstützung sie jetzt brauchen, erklärt Ulrike Gebelein, Referentin für Kinderpolitik und Familienförderung bei der Diakonie Deutschland.

Die Corona-Krise wird für Alleinerziehende zur Belastungsprobe. Sie jonglieren zwischen Kinderbetreuung und Arbeit, bestenfalls im Home-Office.
Wie verschärft Corona die Lage alleinerziehender Mütter und Väter?
Ulrike Gebelein: Die Corona-Krise und die Maßnahmen, um die Pandemie einzudämmen, bringen viele Familien an den Rand ihrer Kräfte. Sie jonglieren zwischen Kinderbetreuung und Arbeit, bestenfalls im Home-Office. Dazu kommen häufig finanzielle Sorgen wegen Kurzarbeit, Verdienstausfall oder gar der Gefahr, den Arbeitsplatz zu verlieren. Viele habe auch Angst um ihre Angehörigen. Und: Die eigenen vier Wände erscheinen auf einmal sehr eng, es droht der Lagerkoller. Das betrifft alle Familien. Für alleinerziehende Mütter und Väter ist es aber eine besondere Belastungsprobe, weil sie alles alleine stemmen müssen. Da gibt es keinen Partner, der sich um die Kinder kümmert, damit der andere in Ruhe zuhause arbeiten oder zur Arbeit gehen kann. Oder der es in diesen anstrengenden Zeiten möglich macht, sich auch einmal eine kleine persönliche Auszeit zu nehmen. Alleinerziehende können sich so schnell überfordert fühlen. Ihr ohnehin schon herausfordernder Alltag wird durch die Corona-Krise massiv verschärft.
Welche Unterstützung brauchen Alleinerziehende jetzt?
Gebelein: Alleinerziehende Mütter und Väter sowie deren Kinder brauchen vor allem das Gefühl, nicht allein gelassen zu werden. Sie brauchen unbürokratische Hilfe, wenn es finanziell knapp wird – zum Beispiel, weil sie ihrer Arbeit nicht nachgehen können, da die Kinderbetreuung wegfällt. Gute Schritte sind der Notfall-Kinderzuschlag ab dem 1. April und der unkompliziertere Zugang zu Hartz IV, die kürzlich beschlossen wurden, um Familien in der Corona-Krise zu unterstützen.
Eine Möglichkeit zur Entlastung alleinerziehender Mütter und Väter könnte auch sein, die Notfallbetreuung in Kitas und Schulen auszuweiten, so dass auch die Kinder von Alleinerziehenden im Bedarfsfall weiterhin betreut werden.
Welche Hilfsangebote gibt es für die Kinder und Jugendlichen?
Gebelein: Auch für die Kinder ist die Situation sehr belastend, ihr normaler Alltag ist weggebrochen, die sozialen Kontakte sind erheblich eingeschränkt. Kinder sind das schwächste Mitglied in einer Familie. Besonders wenn ein Elternteil alleinerziehend ist, erleben sie oft zusätzlichen Druck oder finden ganz einfach wenig Gehör, weil die Eltern selbst überfordert sind. Dann ist es ganz wichtig, ihnen durch externe Angebote Gehör zu schenken – zum Beispiel durch Krisentelefone wie die Nummer gegen Kummer oder Online-Beratungsangebote speziell für Kinder und Jugendliche.
Wichtig ist auch der Kinderschutz: Gerade in Krisenzeiten sind der Kinder- und Jugendnotdienst von großer Bedeutung. Fachkräfte der Erziehungshilfen und Jugendämter sind systemrelevant. Sie müssen personell und finanziell so ausgestattet sein, dass sie den Kindern und Jugendlichen weiterhin helfen und ihren Schutz gewährleisten können.
Interview: Diakonie/Sarah Spitzer