Freie Wohlfahrtspflege zieht gemischte Zwischenbilanz der deutschen EU-Ratspräsidentschaft: Einigung zum EU-Haushalt und Umsetzung sozialer Rechte stehen weiterhin aus

7. Dezember 2020
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Am 17.11.2020 zogen Staatssekretär Dr. Schmachtenberg, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die Europaabgeordneten Gabriele Bischoff (S&D Fraktion), Monica Semedo (Renew Fraktion) und Dennis Radtke (EVP Fraktion) sowie Diakonie-Vorständin Maria Loheide eine sozialpolitische Zwischenbilanz der deutschen EU-Ratspräsidentschaft.

Logo der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020
© Bundesregierung

Am 1. Juli 2020 hat Deutschland für sechs Monate die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union (EU) übernommen.

Die Veranstaltung fand im Rahmen einer gemeinsamen Online-Sitzung der EU-Referentinnen und EU-Referenten der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege statt. Nach dem Rotationsprinzip erfolgte die Organisation in diesem Jahr durch die Diakonie Deutschland.

Diakonie-Vorständin Maria Loheide zog eine gemischte Zwischenbilanz. Zum EU-Haushalt und zum Corona-Wiederaufbauplan sei viel erreicht worden, allerdings stünde eine Einigung weiterhin aus. Soziale Projekte bräuchten Planungssicherheit. Eine EU-Förderlücke müsse dringend vermieden werden, um sozial benachteiligte Menschen nicht noch zusätzlich zu belasten. Bei der Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte seien mit Bezugnahme auf die Mindestsicherungs- und Mindestlohnsysteme Zwischenetappen erreicht worden.

Die Ratsschlussfolgerungen zu Mindestsicherungssystemen seien ein Erfolg, allerdings fehle die Forderung nach einer EU-Richtlinie mit verbindlichen Mindestindikatoren in Anlehnung an Medianeinkommen und materielle Deprivation. Der Vorschlag der EU-Kommission für eine EU-Richtlinie für nationale Mindestlohnsysteme werde von Seiten der Diakonie Deutschland begrüßt. Allerdings fehle auch hier ein verbindlicher Mindeststandard, zum Beispiel unter Berücksichtigung von Medianeinkommen und Durchschnittslohn. Denn letztendlich müsse „Armut trotz Erwerbstätigkeit“ in der gesamten EU unterbunden werden, wie im Grundsatz 6 der Europäischen Säule sozialer Rechte vereinbart.   

Die verabschiedeten Ratsschlussfolgerungen zu den verbesserten Bedingungen von Saisonarbeitskräften seien ein zusätzlicher Verhandlungserfolg der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Allerdings werde deren Umsetzung in nationale Gesetzgebung genauestens verfolgt.

Diakonie-Vorständin Maria Loheide dazu abschließend: „Es ist alarmierend, wie von Teilen der Bundespolitik versucht wird, den Entwurf zum Arbeitsschutzkontrollgesetz aus dem Bundesarbeitsministerium zu verwässern und Werk- und Leiharbeitsverträge in der Fleischindustrie weiterhin zu ermöglichen. Es gibt noch viel zu tun, um drei Jahre nach der Proklamation der Europäischen Säule sozialer Rechte zum Beispiel den dort verankerten Grundsatz von guten Arbeitsbedingungen in der gesamten EU umzusetzen.“

Text: Diakonie/Malte Lindenthal

© Hermann Bredehorst

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