FAQ zum BAG-Urteil zu 24-Stunden-Betreuung vom 24. Juni 2021
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Live-in Care, oft als „24-Stunden-Pflege” oder „24-Stunden-Betreuung” bezeichnet, wird in Deutschland immer häufiger in Anspruch genommen. Hier liefern wir Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Das Bundesarbeitsgericht hat am 24. Juni 2021 geurteilt, dass eine Live-In-Kraft Anspruch auf Lohn für die vollständige Arbeitszeit hat.
Es gibt grundsätzlich vier verschiedene Modelle für die Beschäftigung von Live-in-Kräften:
- Entsendemodell: Das ist das Modell, das in der Praxis mit großem Abstand am häufigsten anzutreffen ist. In der Regel vermitteln in Deutschland tätige Agenturen den Kontakt zu einem meist in Osteuropa, oft in Polen, Rumänien oder Bulgarien, ansässigen Unternehmen. Diese Unternehmen beschäftigen Betreuungskräfte, die sie nach Deutschland in den Haushalt der pflegebedürftigen Person entsenden. Die pflegebedürftige Person schließt zunächst einen Vertrag mit der meistens in Deutschland ansässigen Vermittlungsagentur und im Anschluss einen Vertrag mit dem Entsendeunternehmen. Dieses schließt einen Arbeitsvertrag mit der Betreuungskraft. Dann wird die Betreuungskraft nach Deutschland entsandt und nimmt ihre Tätigkeit auf, wobei sie meistens in der Wohnung der pflegebedürftigen Person wohnt.
- Arbeitgebermodell: Im Arbeitgebermodell wird die pflegebedürftige Person oder ihr Angehöriger selbst Arbeitgeberin der Live-in-Kraft. Diese kann durch eine Vermittlungsagentur oder auf andere Weise vermittelt werden.
- Selbstständigenmodell: Gelegentlich werden mit Live-in-Kräften keine Arbeitsverträge, sondern „Honorarverträge” geschlossen. Die Live-in-Kraft soll ihre Tätigkeit als selbstständige Unternehmerin ausüben. Doch das deutsche Recht setzt der Möglichkeit, eine Tätigkeit als Selbstständige(r) auszuüben, Grenzen. Daher wird die Tätigkeit einer Live-in-Kraft „auf Honorarbasis” in der Regel als Scheinselbstständigkeit zu werten sein. Das bedeutet, dass das Beschäftigungsverhältnis von Gesetzes wegen als abhängige Beschäftigung gilt. Für den Arbeitgeber kann das sehr teuer werden, denn unter Umständen muss er nicht nur den Mindestlohn nachzahlen, sondern auch die Sozialversicherungsabgaben – und zwar den Arbeitsgeber- und den Arbeitnehmeranteil. Von der Beschäftigten (Scheinselbstständigen) kann er den Arbeitnehmeranteil nur für die letzten drei Monate verlangen.
- Arbeitnehmerüberlassung: Auch Leiharbeit nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ist eine Möglichkeit, die aber selten genutzt wird. In diesem Modell ist die Live-in-Kraft Leiharbeiterin (wie bei einer Zeitarbeitsfirma) und wird an die pflegebedürftige Person verliehen.
Dazu gibt es keine offizielle Statistik. Fachleute schätzen, dass zwischen 300.000 und 700.000 Live-in-Kräfte in Deutschland arbeiten. Meist wechseln sich mehrere Live-ins in einem Pflegehaushalt ab. Diese Zahl ist auch plausibel. Laut Pflegestatistik waren Ende 2019 4,13 Millionen Menschen in Deutschland pflegedürftig. 3,31 Millionen davon lebten zuhause. 2,12 Millionen Pflegebedürftige, die zuhause lebten, nahmen keinen Pflegedienst in Anspruch, sondern ließen sich das volle Pflegegeld auszahlen. Wenn man alle Live-ins zählt, die innerhalb eines Jahres in Deutschland tätig sind, wird die Zahl wohl eher bei 700.000 oder sogar darüber liegen. Zählt man hingegen alle, die an einem Stichtag in Deutschland sind, erscheint die Zahl von 300.000 realistisch.
Das Bundesarbeitsgericht hat geurteilt, dass eine Live-In-Kraft Anspruch auf Lohn für die vollständige Arbeitszeit hat. Der Lohn muss mindestens die Höhe des deutschen Mindestlohns haben. Denn auch für Beschäftigte, die von ausländischen Unternehmen nach Deutschland entsandt werden, gilt das deutsche Mindestlohngesetz (wie auch das Arbeitszeitgesetz und andere arbeitsrechtliche Vorschriften).
Bereitschaftszeit ist Arbeitszeit, genau wie die sogenannte Vollarbeit. Der Mindestlohn muss für die gesamte Arbeitszeit, also Bereitschaftszeit und Vollarbeit gezahlt werden.
Das kommt darauf an. Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24.6.2021 ist der Aufenthalt in der Wohnung der betreuungsbedürftigen Person dann als Bereitschaftszeit zu werten, wenn die Betreuungskraft jederzeit damit rechnen muss, dass ihre Dienste in Anspruch genommen werden. Das bedeutet, dass auch die Nacht Bereitschaftszeit ist, wenn die betreuungsbedürftige Person die Live-in-Kraft jederzeit rufen kann, zum Beispiel mit einer Nachtklingel. Dagegen spielt es keine Rolle, ob und wie oft die Live-in-Kraft tatsächlich Leistungen erbringen muss. Alle Zeiten, in denen die Live-in-Kraft sich in der Wohnung der pflegebedürftigen Person aufhalten muss, weil diese jederzeit Hilfe brauchen könnte, sind also Bereitschaftszeit.
Wenn die Live-in-Kraft dagegen zum Beispiel über ein eigenes geschlossenes Zimmer verfügt und in bestimmten Zeiten dort nicht gerufen werden kann und sich auch nicht in dem Zimmer oder der Wohnung aufhalten muss, sind diese Zeiten keine Bereitschaftszeit.
Live-in-Betreuungskräfte, auch einfach als „Live-ins” bezeichnet, wohnen in aller Regel in der Wohnung der betreuungsbedürftigen Person. Meist wird auch gemeinsam gegessen. Die Verpflegung wird dabei meistens von der pflegebedürftigen Person bezahlt. Kost und Logis werden aber nicht auf den Mindestlohn angerechnet. Denn der Mindestlohn muss als Geldbetrag ausgezahlt werden.
Das war nicht Gegenstand der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes. Die Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Im sogenannten Entsendemodell ist das Entsendeunternehmen der Arbeitgeber und muss daher auch den Lohn zahlen. Wenn der Lohn, den das Entsendeunternehmen bezahlt, höher ist als der Betrag, den die pflegebedürftige Person an das Entsendeunternehmen zahlt, ist das erst einmal ein Problem des Unternehmens. Allerdings kann es passieren, dass die pflegebedürftige Person ebenfalls für den Lohn aufkommen muss. Denn die Entsendung von Arbeitnehmern setzt voraus, dass die Weisungsbefugnis alleine beim Entsendeunternehmen verbleibt. Doch bei Live-in Care lässt sich das in der Praxis kaum umsetzen. Wenn die pflegebedürftige Person oder ihre Angehörigen Weisungen erteilen, kann die Entsendung als Arbeitnehmerüberlassung gewertet werden – für die aber in aller Regel keine Erlaubnis vorliegen wird. Bei Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis wird die pflegebedürftige Person von Gesetzes wegen Arbeitsgeberin. Dann muss sie auch für den Mindestlohn aufkommen.
Im Arbeitgebermodell ist die pflegebedürftige Person Arbeitgeberin. Sie schließt einen Arbeitsvertrag mit der Live-in-Kraft. Das Urteil gilt für das Arbeitgebermodell in gleicher Weise. In diesem Fall muss die pflegebedürftige Person den Mindestlohn bezahlen.
Wenn die Live-in-Kraft als echte Selbstständige tätig wird, gilt das Mindestlohngesetz nicht. Auch dann kann eine zu geringe Entlohnung wegen Sittenwidrigkeit rechtswidrig sein. Doch in aller Regel wird eine selbstständige Tätigkeit als Live-in-Kraft rechtlich nicht möglich sein. Auch wenn anstelle eines Arbeitsvertrages zum Beispiel ein „Honorarvertrag” geschlossen wird, kann es sich um abhängige Beschäftigung (sogenannte Scheinselbstständigkeit) handeln. Es kommt dabei nicht auf die Bezeichnung im schriftlichen Vertrag an, sondern auf die tatsächlich gelebte Praxis. Wenn Scheinselbstständigkeit vorliegt, muss der Arbeitsgeber nicht nur den Mindestlohn nachzahlen, sondern auch die Sozialversicherungsabgaben – und zwar den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmeranteil. Von der Beschäftigten (Scheinselbstständigen) kann er den Arbeitnehmeranteil nur für die letzten drei Monate verlangen.
Was illegale Beschäftigung ist, wird durch das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung definiert. Danach sind unter anderem die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern, denen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Deutschland nicht erlaubt ist, und die Beschäftigung ohne die Beachtung des Mindestlohngesetzes illegale Beschäftigungen. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes wird voraussichtlich dazu beitragen, dass hier das Problembewusstsein zunimmt. Im besten Fall wird die Folge sein, dass illegale Beschäftigung abnimmt.
Die Unterschreitung des Mindestlohns ist grundsätzlich als illegale Beschäftigung zu werten. Daher sollte in einem solchen Fall so schnell wie möglich ein anderes Versorgungsmodell gewählt werden.
Ja, das ist möglich. Tages- und Nachtpflege ist ein teilstationäres Angebot. Die pflegebedürftige Person verbringt entweder den Tag (Tagespflege) oder die Nacht (Nachtpflege) in einer Einrichtung. Bei Tagespflege wird sie meist morgens in die Einrichtung gebracht und kommt am Nachmittag wieder nach Hause. Bei der Nachtpflege verbringt sie den Tag zuhause und die Nacht in einer Einrichtung. Tages- und Nachtpflege können an einigen Tagen im Monat, aber auch häufiger in Anspruch genommen werden. Bis zum Jahr 2016 waren diese teilstationären Angebote weniger attraktiv, weil die Kosten dafür auf die häusliche Pflegehilfe oder das Pflegegeld angerechnet wurden. Wenn man Tages- oder Nachtpflege in Anspruch nahm, bekam man also weniger (oder gar kein) Pflegegeld. Doch seit 2017 wird die Inanspruchnahme der Tages- und Nachtpflege nicht mehr auf die Pflegesachleistung und das Pflegegeld angerechnet.
Die Pflegekasse übernimmt die Kosten der teilstationären Pflege in folgender Höhe:
Pflegegrad 2: bis zu 689 € monatlich
Pflegegrad 3: bis zu 1.298 € monatlich
Pflegegrad 4: bis zu 1.612 € monatlich
Pflegegrad 5: bis zu 1.995 € monatlich
Tages- und Nachtpflege ist eine reine Sachleistung, die nur durch zugelassene Pflegeeinrichtungen erbracht werden kann, die einen Versorgungsvertrag mit der Pflegeversicherung geschlossen haben.
Ja, die Hilfe zur Pflege umfasst ausdrücklich auch teilstationäre Leistungen wie die Tages- und Nachtpflege.
Die Pflege wird in Deutschland zunächst durch die Pflegeversicherung (11. Buch Sozialgesetzbuch, SGB XI) finanziert, die einem Teilkaskoprinzip folgt. Sie trägt also fast immer nur einen Teil der tatsächlichen Kosten der Pflege. Die übersteigenden Kosten belasten die pflegebedürftige Person. Wenn sie die Kosten nicht tragen kann, springt die Hilfe zur Pflege nach dem 12. Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XII) ein. Die Hilfe zur Pflege wird durch die Sozialämter erbracht, ist aber nicht mit „Sozialhilfe” im landläufigen Sinn zu verwechseln. Sie gehört zu den Hilfen in besonderen Lebenslagen, die das SGB XII umfasst. Für sie gelten daher besondere Regeln beim Einsatz von Einkommen und Vermögen, die sich deutlich von denen der Sozialhilfe im engeren Sinn unterscheiden.
Ja, das ist sogar ausdrücklich im Gesetz geregelt. Wenn die Sicherstellung der häuslichen Pflege im Rahmen des Arbeitgebermodells erfolgt, werden die angemessenen Kosten übernommen. Voraussetzung dafür ist, dass das Beschäftigungsverhältnis legal ist. Das heißt, dass alle gesetzlichen Bestimmungen, die für das Arbeitsverhältnis gelten, beachtet werden. Natürlich können auch mehrere Pflege- und Betreuungspersonen auf dieser Basis beschäftigt werden.
Im Rahmen der Hilfe zur Pflege sind ambulante Leistungen vorrangig. Und wer Hilfe zur Pflege in Anspruch nimmt, hat ein Wunsch- und Wahlrecht. Der Vorrang ambulanter Leistungen gilt immer, wenn eine stationäre Versorgung nicht zumutbar ist. Wenn der Umzug in eine Einrichtung zumutbar ist, muss der Wunsch, zuhause versorgt zu werden, nur beachtet werden, solange das nicht unverhältnismäßige Mehrkosten nach sich zieht. Die Grenze von verhältnismäßigen zu unverhältnismäßigen Mehrkosten ist oft umstritten. Sie kann nicht allgemein festgelegt, sondern muss im Einzelfall bestimmt werden. Dabei ist auch die UN-Behindertenrechtskonvention zu beachten, die besagt, dass Menschen mit Behinderungen (also auch alle Pflegebedürftigen) ihren Wohnort frei wählen dürfen. Sie dürfen nicht gezwungen werden, wegen ihrer Behinderung in einer besonderen Einrichtung zu leben.
Das Schonvermögen beträgt zurzeit 5.000 €. Ein Haus, in dem die pflegebedürftige Person oder ihr Ehepartner wohnen, bleibt ebenfalls frei, wenn es nicht ganz besonders groß und wertvoll ist. Für eine Reihe weiterer Fälle gibt es besondere Regelungen. So müssen zum Beispiel Familien- und Erbstücke von persönlichem Wert nicht verkauft werden. Außerdem gibt es eine Härtefallregelung, die besagt, dass Vermögen zu schonen ist, wenn der Einsatz des Vermögens eine Härte bedeuten würde.
Für ambulante und teilstationäre Leistungen gelten beim Einkommen andere Regelungen als für die Hilfe zur Pflege in stationären Einrichtungen (Pflegeheime). Der Grundfreibetrag für das Einkommen bei ambulanten und teilstationären Leistungen beträgt im Jahr 2021: 892 €. Dazu kommen die Kosten der Unterkunft einschließlich der Heizkosten. Die sogenannten „Mietobergrenzen”, die bei „Hartz-IV”-Leistungen gelten, gelten hier nicht. Auch die Miete für eine Wohnung, die weit teurer ist, als das bei „Hartz-IV”-Bezug angemessen wäre, erhöht den Freibetrag vom Einkommen uneingeschränkt.
Vom Einkommen über dem Freibetrag sind besondere Belastungen (zum Beispiel Zins und Tilgung eines Privatdarlehens) abzusetzen. Das Einkommen, das dann verbleibt, ist nicht in vollem Umfang einzusetzen, sondern nur soweit das „angemessen” ist. In der Regel gilt ein Einsatz von 80 Prozent des übersteigenden Einkommens als angemessen. Der Grundfreibetrag ändert sich immer zu Beginn des neuen Jahres.
Beispiel Berechnung des einzusetzenden Einkommens für das Jahr 2021:
Renteneinkünfte: 2.000 € monatlich
Grundfreibetrag: 892 €
Miete inkl. Neben- und Heizkosten (Warmmiete): 730 €
Summe Grundfreibetrag: 1.622 €
Zins- und Tilgung eines Privatdarlehens für die Anschaffung einer neuen Küche: 90 €
Summe Grundfreibetrag und besondere Belastung: 1.711 €
Verbleibendes Einkommen: 289 €
Davon 80 Prozent: 231,20 €
Einzusetzendes Einkommen: 231,20 €
In der Hilfe zur Pflege für ambulante und teilstationäre Leistungen wird das Einkommen von Paaren (nicht getrennt lebende Ehepaare und eheähnliche Gemeinschaften) zusammengerechnet. Im Gegenzug erhöht sich der Freibetrag allerdings nur um 313 €.
Beispiel Berechnung des einzusetzenden Einkommens bei Paaren für das Jahr 2021:
Renteneinkünfte Ehefrau: 500 € monatlich
Renteneinkünfte Ehemann: 1.800 € monatlich
Grundfreibetrag: 892 €
Erhöhung Partner/in: 313
Miete inkl. Neben- und Heizkosten (Warmmiete): 795 €
Summe Grundfreibetrag: 2.000 €
Zins- und Tilgung eines Privatdarlehens für die Anschaffung einer neuen Küche: 100 €
Summe Grundfreibetrag und besondere Belastung: 2.100 €
Verbleibendes Einkommen: 200 €
Davon 80 Prozent: 160 €
Einzusetzendes Einkommen:160 €
Seit dem 1.1.2020 gilt: Kinder oder Eltern werden bei allen Leistungen nach dem SGB XII nicht mehr zum Unterhalt herangezogen, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie mehr als 100.000 € pro Jahr verdienen. Sie müssen dann dem Sozialamt gegenüber auch nicht offenlegen, wie viel sie verdienen. Das gilt auch für die Hilfe zur Pflege, ganz gleich, ob ambulante oder stationäre Pflege in Anspruch genommen wird.
Eine 24-Stunden-Betreuung durch nur eine Person ist weder fachlich vertretbar, noch rechtlich zulässig. Das Arbeitszeitgesetz erlaubt nicht mehr als 48 Stunden regelmäßige Arbeitszeit pro Woche. Wenn man die Feiertage, Urlaub und Ausfall wegen Krankheit einrechnet, braucht man mindestens vier, eher fünf Vollzeitkräfte für eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung. In besonderen Fällen, etwa bei beatmungspflichtigen Personen, die in ihrer eigenen Wohnung leben, kommt eine 24-stündige Versorgung durchaus vor. Finanzierungsgrundlage kann die häusliche Krankenpflege sein, die die Krankenversicherung bezahlt, aber auch die Hilfe zur Pflege oder die Eingliederungshilfe für Menschen mit einer Behinderung. Diese kann durch ein Team von fünf bis sieben Pflegefachkräften oder Assistenzkräften erfolgen, die bei einem zugelassenen ambulanten Pflegedienst, der pflegebedürftigen Person selbst (Arbeitgebermodell) oder einem Assistenzdienstleister angestellt sind.
In vielen Fällen ist eine Betreuung rund um die Uhr nicht unbedingt nötig. Oft reicht zum Beispiel ein Notrufsystem aus. Dann kann ein kombiniertes Versorgungskonzept sinnvoll sein, zu dem zum Beispiel eine Live-in-Kraft, ein Pflegedienst, die Tages- und Nachtpflege, ein Notrufsystem und die Unterstützung durch Angehörige oder Nachbarn gehören.
Es darf bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus Deutschland und dem Ausland nicht mit zweierlei Maß gemessen werden. Mit Blick auf eine immer älter werdende Gesellschaft wollen wir, dass Menschen zu uns kommen und in Deutschland arbeiten. Wir brauchen Pflegekräfte – aber zu guten Arbeitsbedingungen und fairer Bezahlung. Das BAG-Urteil vom 24.6.2021 zeigt, wie notwendig eine grundlegende und echte Pflegereform ist, die die Diakonie seit Jahren fordert. Dazu gehört auch, die zunehmenden Bedarfe von Menschen, die zuhause leben wollen und rund um die Uhr versorgt werden müssen, nicht länger zu ignorieren, sondern Lösungen für bessere Arbeitsbedingungen der Betreuungs- und Pflegekräfte zu finden.
Die Diakonie spricht sich dafür aus, ein Pflegesystem einzuführen, das professionelle Unterstützungsangebote deutlich stärkt und die Möglichkeit eröffnet, pflegende Angehörige und andere privat pflegende Personen oder sogenannte Live-Ins zukünftig durch sozialversicherungspflichtige Anstellungsverhältnisse abzusichern.
Der Vermittlungsdienst FairCare, ein Angebot des VIJ e.V. Stuttgart, ist eine gemeinnützige Organisation unter dem Dachverband der Diakonie Württemberg, die sich für legale Arbeitsverhältnisse osteuropäischer Betreuungskräfte einsetzt. FairCare berät deutschlandweit Betroffene und Familien, die eine Betreuungskraft benötigen: https://www.diakonie-wuerttemberg.de/themen/faircare oder http://www.vij-faircare.de/
Darüber hinaus bietet der VIJ e.V. mit dem Beratungsangebot für häusliche Betreuung eine kostenfreie, individuelle Beratung für alle Angehörigen, Familien und Interessierten zu den Möglichkeiten und Grenzen sowie zur Gestaltung der häuslichen Betreuung unter: https://vij-wuerttemberg.de/beratungszentrum-fuer-haeusliche-betreuung
Wenn die Betreuungskraft damit einverstanden ist, ist die Umstellung auf das Arbeitgebermodell jederzeit möglich. Der Vermittlungsdienst FairCare (https://www.diakonie-wuerttemberg.de/themen/faircare) bietet bundesweit Unterstützung beim sog. Vertragswechsel an: http://www.vij-faircare.de/downloads/
Weitere Informationen
- FAQ als PDF zum Herunterladen PDF (163 kB)
- Pressemeldung der Diakonie Deutschland zum BAG-Urteil vom 24. Juni 2021
- Bundesarbeitsgericht zu Live-in Care. Kurzbericht von der mündlichen Verhandlung PDF (187 kB)
- Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts
- Konzept der Diakonie Deutschland für eine grundlegende Pflegereform
- Fachliche Forderungen der Diakonie Deutschland zur Bundestagswahl für eine umfassende Pflegereform und ein stärkeres Gesundheitssystem