Digitalisierung der Sozialwirtschaft – eine Studie der Bank für Sozialwirtschaft
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Sozialwirtschaftliche Akteure sehen vielseitige Potenziale in der Digitalisierung. Dabei sind insbesondere Themen wie die Entlastung des Personals, Prozessoptimierung und Qualitätssteigerungen der eigenen Arbeit Treiber für Investitionen. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Erfolgsfaktor Digitalisierung – Auf dem Weg zur Sozialwirtschaft 4.0“, die von der Bank für Sozialwirtschaft im Sommer 2019 durchgeführt und jetzt veröffentlicht wurde.
An der Entwicklung der Studie beteiligt haben sich die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege in der BAGFW, der bpa, der Deutsche Verein sowie ausgewählte Expertinnen und Experten aus der Praxis in Zusammenarbeit mit der Universität zu Köln. Teilgenommen haben auch zahlreiche diakonische Unternehmen: Knapp die Hälfte der 1.100 Befragten sind in der Diakonie tätig, 51 Prozent von ihnen im Management (Vorstand oder Geschäftsleitung). Dies unterstreicht, dass das Thema in der Diakonie bereits vielerorts in seiner großen Bedeutung erkannt wurde.
Ziel der BfS-Studie ist es, die Situation der freigemeinnützigen, privat-gewerblichen und öffentlichen Träger aus den verschiedenen Branchen und Leistungsfeldern des Sozial- und Gesundheitswesens im Hinblick auf Investitionen und Kooperationen im Handlungsfeld der Digitalisierung zu erfassen.
Die Studie kommt zu folgenden Kernaussagen:
1. Die Notwendigkeit von Investitionen in Digitalisierung wird erkannt. Jedoch ist im Vergleich zur Gesamtwirtschaft der Investitionsumfang noch eher gering.
So werden mit Blick auf die Investitionen in der Gesamtwirtschaft rund 5 Prozent des Umsatzes in Digitalisierung investiert, während dieser Wert für Organisationen der Sozialwirtschaft lediglich bei 2 Prozent liegt. Dies ist laut Studie unter anderem auf die Finanzierungsbedingungen und mangelnde Personalkapazitäten für die Umsetzung von innovativen Projekten zurückzuführen
2. Eine echte Digitalisierungsstrategie mit einer Ausrichtung auf innovative Digitalisierungsformen ist dabei häufig nicht vorhanden.
Die Befragten geben an, dass besonders in die Bereiche Prozesse und IT sowie Organisationsentwicklung und strategische Planung investiert wird. Neue, als innovativ eingestufte Bereiche wie digitale Unterstützungsangebote oder Projekte im Bereich Big Data, Robotik und Telemedizin werden als Zukunftsfelder gesehen, sind jedoch bisher selten im Fokus von Investitionen.
3. Die aktuellen Finanzierungsbedingungen bilden keine Basis für eine erfolgreiche digitale Transformation.
Unter den aktuellen Finanzierungsbedingungen erfolgt die Finanzierung von Investitionen primär durch Eigenmittel. Diese Situation führt dazu, dass ein Großteil der Befragten nur eingeschränkt davon ausgeht, dass erforderliche Investitionen insbesondere in innovative Projekte zukünftig in einem angemessenen Umfang getätigt werden können.
4. Als ein Engpass wird sowohl qualitativ als auch quantitativ der Faktor Personal genannt.
Neben der Schwierigkeit der Refinanzierung und einem als zu hoch eingeschätzten Investitionsrisiko sind mangelnde Personalkapazitäten für die Umsetzung der mit 80 Prozent am häufigsten genannte Grund für fehlende Investitionen. So werden zwar die vielseitigen Potenziale von Digitalisierung erkannt, aber mangels entsprechender Ressourcen nicht strategisch weiterverfolgt.
5. Aufholbedarf gibt es in Bezug auf klare Verantwortungsstrukturen innerhalb der Organisationen sowie in der Kooperation mit externen Partnern.
Ein weiteres Studienergebnis sticht besonders heraus: So haben rund 37 Prozent der befragten Organisationen eine verantwortliche Stelle für Digitalisierung, wobei diese in der Mehrheit bei der Geschäftsführung liegt. Während bereits die Hälfte der Organisationen mit externen Partnerinnen und Partnern in Kooperationen arbeitet, sehen viele Organisationen Unterstützungsbedarf durch Best-Practice-Beispiele und methodische Beratung.
Ergänzend zur ursprünglichen Erhebung wurde im Mai 2020 eine weitere Umfrage zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie durchgeführt. In Bezug auf Digitalisierung sind die Befragten sich einig, dass ein großer Schub infolge der Pandemie zu erwarten ist. Es zeigt sich bereits jetzt eine leicht erhöhte Investitionsbereitschaft im Vergleich zur Studie in 2019. Hier wird insbesondere den Feldern der digitalen Plattformen und Zusammenarbeit sowie der Online-Beratung eine hohe Relevanz zur Bewältigung der Krise zugesprochen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Das Studienergebnis zeigt, dass für die Diakonie – und die Sozialwirtschaft insgesamt – die Umsetzung wichtiger Digitalisierungsschritte erst noch bevorsteht. Deutlich wird auch, dass es für die Umsetzung besonderer passgenauer, neuer Finanzierungsansätze bedarf sowie entsprechender Personalkapazitäten.