Arbeiten als Suchthelfer
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Detlef Parnemann hilft Menschen bei etwas helfen, das er selbst geschafft hat – die Alkohol-Sucht überwinden.
Nach der Sucht arbeitet Detlef Parnemann nun als Suchthelfer
Detlef Parnemann (57) ist zu 80 Prozent schwerbehindert. Seit drei Jahren arbeitet er beim christlichen Suchthilfeverband Blaues Kreuz in Berlin-Kreuzberg. Warum ein Mensch mit einer Schwerbehinderung hier eine Festanstellung hat? Die Erklärung von Dagmar Schütze, erste Vorsitzende im Landesverband Berlin-Brandenburg des Blauen Kreuzes, ist einfach: "Weil wir Detlef brauchen".
Gebraucht zu werden: Es ist ein Gefühl, das Menschen mit einer Behinderung leider oft noch verwehrt wird. Im Gegensatz zu Menschen ohne Behinderung konnten sie vom Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre in Deutschland kaum profitieren. In Zahlen: Im Jahr 2009 betrug die Arbeitslosenquote unter schwerbehinderten Menschen 14,6 Prozent. Bis 2012 sank die Quote nur leicht auf 14,1 Prozent. Insgesamt aber ist die allgemeine Arbeitslosigkeit in diesem Zeitraum deutlich stärker zurückgegangen: von 8,1 Prozent auf 6,8 Prozent.
Behindertengerechte Arbeitsplätze
Die hohe Arbeitslosenquote unter Schwerbehinderten – eigentlich sollte es sie gar nicht geben. Denn seit März 2009 gelten in Deutschland die Vereinbarungen der UN-Konvention für Menschen mit Behinderung. Die Konvention fordert Inklusion; also die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen in allen Lebensbereichen. Sie beinhaltet laut Artikel 27 "das Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die in einem offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld frei gewählt oder angenommen wird".
Hier sind auch die Arbeitgeber gefordert, sich für einen inklusiven Arbeitsmarkt zu engagieren. Das bedeutet zum Beispiel: flexibel sein, Arbeitsabläufe anpassen, behindertengerechte Arbeitsplätze schaffen.
Arbeitgeber geht auf Bedürfnisse ein
Solch einen behindertengerechten Arbeitsplatz hat Detlef Parnemann. Das blaue Kreuz hat extra für ihn einen Ruheraum eingerichtet, in dem er sich erholen kann. Parnemann hat Konzentrationsschwächen und benötigt einige Pausen während der Arbeit. Hier weiß man, von seiner Vergangenheit – von seiner Alkoholsucht, die er längst überwunden hat, an deren Folgen er aber täglich erinnert wird.
Beim Blauen Kreuz wird Rücksicht auf seine Bedürfnisse genommen, weil er als trockener Alkoholiker für den Suchthilfeverband ein wertvoller Mitarbeiter ist. Parnemann ist in der Suchtprävention und Beratung tätig. "Wenn Menschen unsere Hilfe benötigen, begegnet Detlef ihnen auf Augenhöhe. Er weiß einfach, wovon er spricht", sagt Parnemanns Vorgesetzte Dagmar Schütze, die so sehr ins Schwärmen gerät, wenn man sie auf Detlef Parnemann anspricht, dass man den Eindruck gewinnt: Einen Besseren für diesen Job gibt es nicht.
Text: Diakonie/Wolf-Hendrik Müllenberg