Illustration Demokratie
© Diakonie/Francesco Ciccolella
Bundeshaushalt 2024

Wer heute kürzt, zahlt morgen drauf!

Der Beschluss der Bundesregierung zum Haushaltsentwurf 2024 sieht dramatische Kürzungen im sozialen Sektor vor. Aus Sicht der Diakonie Deutschland sind Kürzungen quer durch alle sozialen Bereiche sowie mangelnde Investitionen in den Sozialstaat sozialpolitisch und ökonomisch kurzsichtig. Denn wer in Zeiten großer Unsicherheit und gesellschaftlicher Umbrüche nicht in Bildungs- und Teilhabegerechtigkeit sowie in eine stabile soziale Infrastruktur investiert, wird später ungleich höhere Summen für die Lösung der sozialen Folgeprobleme aufwenden müssen.

Stabilitätsanker in Krisenzeiten

In diesen Zeiten multipler Krisen erweist sich eine zuverlässige soziale Infrastruktur als Stabilitäts- und Hoffnungsanker. Die Diakonie erlebt dies täglich in ihren Einrichtungen: Verunsicherung und Not wachsen. Bereits heute gibt es für viele Unterstützungsangebote wie die Schuldnerberatung, allgemeine Sozialberatung oder Familienberatung immer längere Wartezeiten. Die höchste Zuwanderung seit 70 Jahren erfordert zudem zusätzliche Beratungs- und Hilfsangebote für Migranten und Migrantinnen. Ältere und pflegebedürftige Menschen werden durch die steigenden Pflegekosten immer stärker belastet und sind auf Sozialhilfe angewiesen. Kurzum: Armut und soziale Ungleichheit nehmen zu und erreichen zunehmend die Mittelschicht.

Der Fachkräftemangel in den sozialen Berufen erschwert die Situation zusätzlich. In dieser Situation die öffentliche Finanzierung von wichtigen Angeboten herunterzufahren, verschärft die Krise und gefährdet in Jahrzehnten aufgebaute Unterstützungsstrukturen.

Eine Haushaltspolitik, die auf kurzfristige Sparerfolge in den sozialen Bereichen setzt, ignoriert außerdem die erklärten Ziele der Koalition. Die Sozialwirtschaft ist in besonderer Weise durch den demografischen Wandel herausgefordert und benötigt dringend Fach- und Arbeitskräfte. Für den Freiwilligendienst als Bildungs- und Orientierungsjahr interessieren sich nach wie vor viele junge Menschen. Rund zwei Drittel dieser jungen Menschen bleiben nach ihrem Freiwilligendienst weiterhin dem sozialen Bereich verbunden und etwa 40 % entscheiden sich nach dieser Erfahrung für eine Ausbildung im Sozial- und Gesundheitsbereich. Dort – wie geplant – zu kürzen, schwächt die Handlungsfähigkeit im Sozialsektor und konterkariert alle Bemühungen, die Attraktivität der sozialen und pflegerischen Berufe erlebbar zu machen und zu stärken.

 

Der gesellschaftliche Zusammenhalt ist gefährdet

Innere Widersprüche ziehen sich auch durch andere Kürzungsvorschläge. So führt eine rasche Integration von Migranten und Migrantinnen in den Arbeitsmarkt zu einer Entlastung der öffentlichen Haushalte und Sozialversicherungen. Bei der Migrationsberatung und den Jugendmigrationsdiensten zu kürzen, ist deshalb auch arbeitsmarktpolitisch kurzsichtig. Eine Sparpolitik mit kurzem Atem belastet die zukünftige Generation mit unverhältnismäßig höheren Folgekosten und gefährdet zugleich den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Darum gilt: Wer heute kürzt, zahlt morgen drauf.

Eine kluge und nachhaltige Politik stärkt in der Krise die Hilfs- und Unterstützungsangebote über Zukunftsinvestitionen und schafft damit Vertrauen und Zuversicht für alle gesellschaftlichen Gruppen. Es geht darum, für alle Menschen ein selbstbestimmtes und würdevolles Leben zu ermöglichen und sie dadurch unabhängiger von staatlichen Leistungen zu machen. Ein wichtiger Beitrag dazu ist die Einführung einer existenzsichernden Kindergrundsicherung, die tatsächlich allen Kindern zu guten Startchancen verhilft – unabhängig vom Einkommen und vom erreichten Bildungsniveau ihrer Eltern. Hier wird auch in die dringend gesuchten Fachkräfte von morgen investiert.

Eine chancenorientierte Politik ist sozial und ökonomisch sinnvoll. Im Bundeshaushalt braucht es mehr Mittel, die Menschen aus Armut holen, den Zusammenhalt der Gesellschaft stärken und die Menschen motivieren, sich als hauptamtliche Fach- und Arbeitskräfte oder als freiwillig Engagierte in die soziale Arbeit einzubringen.

 

Bundeshaushalt muss nachgebessert werden

Mit ihrem Haushaltsentwurf schlägt die Bundesregierung bisher eine andere Richtung ein. Die aktuellen Sparpläne und mangelnden Investitionen in die soziale Infrastruktur verstetigen die sozialen Probleme oder vergrößern diese sogar. In Zukunft werden Staat und Steuerzahler deshalb mehr Geld in die Hand nehmen müssen, um soziale Probleme zu lösen, die sich durch eine zukunfts- und chancenorientierte Sozialpolitik vermeiden ließen.

Die Diakonie appelliert daher dringend an den Bundestag und Bundesrat, den Haushaltsentwurf der Bundesregierung im parlamentarischen Verfahren entsprechend nachzubessern.

Die Auswirkungen und notwendigen Veränderungen in den einzelnen Bereichen

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