Themenschwerpunkt

Heimerziehung in West- und Ostdeutschland zwischen 1949 und 1990

© Diakonie/Archiv

Das Schicksal der ehemaligen Heimkinder

Das Buch Schläge im Namen des Herrn von Peter Wensierski löste eine öffentliche Diskussion zur Situation der Heimkinder zwischen 1949 und 1975 aus. Durch die mutigen Berichte vieler ehemaliger Heimkinder wurde klar, dass als problematisch empfundene Heimaufenthalte in dieser Zeit keine Einzelfälle waren. Die Bundesregierung richtete den Runden Tisch Heimerziehung zur Aufarbeitung und Entwicklung von Hilfen für Betroffene ein. 

Der Prozess der Aufarbeitung

Viele dieser Heime waren unter kirchlicher Trägerschaft. 2011 baten evangelische Kirche und ihre Diakonie bei den Betroffenen um Vergebung für das erfahrene Leid. Die Diakonie brachte sich in den Prozess der Aufarbeitung mit ein. 2012 wurden zwei Hilfsfonds für Betroffene aus Ost- und Westdeutschland errichtet. Seit 2017 bekommen endlich auch Betroffene aus Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie mit der Stiftung "Anerkennung und Hilfe" einen Zugang zu Hilfen.

Ein Zeitzeugenportal sammelt Erfahrungsberichte, um diese wissenschaftlich aufzuarbeiten.

Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland

„Es ist tragisch, dass es in einzelnen diakonischen Einrichtungen in der Heimerziehung zu Unrecht und Leid gekommen ist. Dafür bitte ich die Betroffenen um Verzeihung. Umso wichtiger ist es, dass nun auch Betroffene aus Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie Anerkennung und Hilfe bekommen.”

Nachgefragt

Ab 2017 gibt es mit der Stiftung Anerkennung und Hilfe einen Ansprechpartner, für diejenigen, die Leid oder Unrecht in Einrichtungen der Behindertenhilfe oder Psychiatrie erfahren haben.

Anspruch auf finanzielle Hilfen aus der Stiftung haben alle, die während ihres Heimaufenthalts, in Einrichtungen der Psychiatrie und Behindertenhilfe, in der Vergangenheit Unrecht erfahren haben. Diese Personengruppe war bei den bisherigen Hilfsfonds von einer Antragstellung ausgeschlossen worden. Die Diakonie ist sehr froh, dass der Gesetzgeber nun endlich der Forderung nachgekommen ist, diese Gerechtigkeitslücke zu schließen.

Der Zeitraum ist für Ost- und Westdeutschland unterschiedlich. An die Stiftung wenden kann sich, wer in der BRD zwischen 1949 und 1975 und in der DDR zwischen 1949 und 1990 in einer solchen Einrichtung untergebracht war. Leid und Unrecht wird dabei in vielen Formen anerkannt. Darunter fällt sowohl körperliche, psychische und sexualisierte Gewalt, als auch die Verweigerung von Schulbesuchen oder der Zwang zur Arbeit ohne entsprechende Entlohnung. Auf der Homepage der Stiftung Anerkennung und Hilfe kann man weitere Informationen dazu finden. Die Stiftung hat ebenfalls ein Infotelefon mit der Nummer 0800 2212218 besetzt.

Die Stiftung hat eine fünfjährige Laufzeit und ist insgesamt mit 288 Millionen Euro Millionen Euro ausgestattet. Ganz wichtig ist, dass man einen Antrag innerhalb der ersten drei Jahre nach Errichtung der Stiftung stellt. Bis zum 31. Dezember 2020 kann man also Hilfe und Anerkennung beantragen. Den Kontakt zur Stiftung kann man über regionale Beratungsstellen erhalten, je nach momentanem Wohnort. Wird dieser als berechtigt eingestuft, so erhält der Betroffene eine Pauschale in Höhe von 9.000 Euro. Hat der Betroffene damals in erheblichem Umfang gearbeitet, ohne dass dafür Sozialversicherungsbeiträge gezahlt worden sind, so erhält er noch eine weitere Ausgleichszahlung, die zwischen 3.000 und 5.000 Euro liegt.

Aufarbeitung

Fragen und Antworten zur Heimerziehung

Diese Fragen und Antworten geben einen Überblick über Entwicklungen und Aufarbeitung der Missstände in der Heimkindererziehung.

© Diakonie/Archiv

Fachverband

Bundesverband evangelische Behindertenhilfe

Berlin

beb-ev.de