Die Corona-Pandemie war und ist ein Stress-Test für den Einzelnen, die Gesellschaft und den Staat. Einerseits hat der Sozialstaat viele Menschen vor dem existenziellen Absturz bewahrt. Andererseits hat die Pandemie die teils schon lange bekannten Schwächen unseres Sozial- und Gesundheitssystems schonungslos offengelegt. Diese Bruchstellen müssen der Bundestag und die Bundesregierung bearbeiten, damit die Schwächsten eine lohnende Perspektive und einen Platz in der Mitte der Gesellschaft finden. Dies ist die christlich fundierte Überzeugung der Diakonie Deutschland.

 

Vorstand Diakonie Deutschland
© Diakonie/Thomas Meyer

Vorstand Diakonie Deutschland


Ulrich Lilie,
Präsident Diakonie Deutschland

Maria Loheide,
Vorständin Sozialpolitik

Dr. Jörg Kruttschnitt,
Vorstand Finanzen, Personal, Recht

Kurz und knapp: Unsere Forderungen an den Bundestag

1. Existenzminimum sichern!

Das Existenzminimum für alle Menschen transparent und verlässlich sichern!

© Diakonie/Francesco Ciccolella

2. Wohnraum schaffen!

Bezahlbare Wohnungen für alle schaffen!

© Diakonie/Francesco Ciccolella

3. Klimaschutz sozial gestalten!

Klimaschutz ermöglichen und sozial gestalten!

Illustration aus Menschen, die einen Globus umarmen
© Diakonie/Francesco Ciccolella

4. Familien und Frauen unterstützen!

Familien und Frauen unterstützen und eine Kindergrundsicherung einführen!

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5. Pflegereform umsetzen – Gesundheitssystem stärken!

Eine ganzheitliche Pflegereform umsetzen und das Gesundheitssystem stärken!

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6. Demokratie und Engagement fördern!

Demokratie und Engagement fördern und der Spaltung der Gesellschaft entgegentreten!

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7. Reguläre Fluchtwege und mehr Integration!

Für reguläre Fluchtwege sorgen und Integration von Anfang an unterstützen!

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Weitere Forderungen an den Bundestag

Auch in anderen Arbeitsbereichen sieht die Diakonie Handlungsbedarf.

Illustration von zwei Personen, die ein Buch anschauen
© Diakonie/Francesco Ciccolella

Hintergründe zu unseren sieben Forderungen

Das Bundesverfassungsgericht und internationale Vereinbarungen wie die UN-Sozialcharta habe das Grundrecht auf Sicherung des sozialen und kulturellen Existenzminimums wiederholt bestätigt. Es umfasst neben einer gesicherten Lebensgrundlage auch ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben.

Das soziokulturelle Existenzminimum wird nach Ansicht der Diakonie allerdings bei weitem nicht durch die derzeitigen Hartz IV-Regelsätze gedeckt. Sie werden willkürlich und unsachgemäß berechnet und spiegeln nicht die Ausgaben in der Realität wider. Deshalb ist es nach mehr als 15 Jahren Hartz IV dringend Zeit für einen Neuanfang. Die Diakonie Deutschland schlägt vor, die existenzsichernden Hilfen grundlegend neu zu gestalten. Statt auf Kontrollen und Sanktionen sollte auf eine Existenzsicherung mit Perspektive und Motivation gesetzt werden.

Das Existenzminimum muss endlich ausreichend, verlässlich und transparent für alle in Deutschland lebenden Menschen gesichert werden.

Mehr dazu im Themenschwerpunkt Menschenwürdiges Existenzminimum.

Bund, Länder und Kommunen haben im September 2018 ein Maßnahmenpaket für mehr bezahlbaren Wohnraum beschlossen. Die Bilanz ist ernüchternd: Nach wie vor fehlen bezahlbare Wohnungen und die Mieten sind insbesondere in Ballungsgebieten dramatisch gestiegen. Selbst Normalverdienende finden keine bezahlbare Wohnung mehr und werden immer weiter an den Stadtrand verdrängt. Die Corona-Pandemie verschärft die Situation, da viele Menschen durch Kurzarbeit und Jobverlust ihre Miete nicht mehr zahlen können. Dass es bundesweit immer weniger Sozialwohnungen gibt, ist ein großes Problem. Um mehr bezahlbaren, bedarfsgerechten und inklusiven Wohnraum zu schaffen, braucht es einen Kraftakt auf allen Ebenen.

Gut zu wohnen ist ein Grundbedürfnis und gehört zur Existenzsicherung von Menschen. Angemessener Wohnraum ist Voraussetzung für ein Leben in Gesundheit und Wohlbefinden. Bezahlbaren, bedarfsgerechten und inklusiven Wohnraum zu schaffen – und zu sichern – ist eine zentrale sozialpolitische Aufgabe, die auch in der nächsten Legislaturperiode höchste Priorität haben muss.

In einem Diakonie-Zitat appelliert die Diakonie für einen Kraftakt auf allen politischen Ebenen für mehr bezahlbaren, bedarfsgerechten und inklusiven Wohnraum.

Was wir hier heute tun, hat Konsequenzen für Menschen anderswo und für spätere Generationen. Ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte hängen dabei eng miteinander zusammen. Für die Diakonie gehören auch die Bewahrung der Schöpfung und verantwortungsvolles Wirtschaften zum christlichen Selbstverständnis. Dabei orientiert sie sich an den nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen – den 17 „Sustainable Development Goals“.

Die Diakonie bietet zahlreiche soziale Dienstleistungen an. Die Arbeit der Krankenhäuser, Pflegedienste, Kindergärten und Flüchtlingsheime hat dabei auch Auswirkungen auf die Umwelt und auf das Leben von Menschen in anderen Ländern: Der Einsatz von Büromaterial und Lebensmitteln, von Verbandszeug und Dienstkleidung trägt unabsichtlich zur Übernutzung von Böden und Wasserreserven bei, der Chemikalieneinsatz in der Produktion schädigt die natürliche Umwelt. 

Mit Hilfe von Umweltmanagementsystemen, Klimaschutzmaßnahmen oder dem gezielten Einkauf fair gehandelter Produkte haben sich viele diakonische Einrichtungen auf den Weg gemacht, um diese „Risiken und Nebenwirkungen“ ihrer sozialen Arbeit zu verringern.

Mehr Informationen zu Nachhaltigkeit bei der Diakonie.

Gerade bedürftige Kinder und ihre Familien brauchen unkomplizierte Unterstützung. Deshalb müssen nach Ansicht der Diakonie die existenzsichernden Leistungen für Kinder endlich vereinheitlicht sowie bedarfsgerecht ausgestaltet werden.

Die Diakonie setzt sich für eine einheitliche finanzielle Grundförderung ein, die das Existenzminimum aller Kinder abdeckt. Die Vielzahl an familienbezogenen Leistungen muss zu einer antragsfreien Kindergrundsicherung mit existenzsicherndem Sockelbetrag zusammengeführt werden. Das Nebeneinander aus Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzuschlag, Kinderregelsätzen und Pauschalen des Bildungs- und Teilhabepakets ist zu kompliziert und ungerecht. Für in Armut lebende Kinder und Familien müssen zusätzliche Leistungen gewährt werden. Zudem benötigen wir auf kommunaler Ebene eine bessere Infrastruktur. Dazu zählen die Ganztagsbetreuung, kostengünstige Freizeitangebote und ein für einkommensarme Familien kostenfreies Schulmittagessen.

Hintergründe dazu gibt es im Themenschwerpunkt Kinderarmut.

Eine Pflegereform ist nach Ansicht der Diakonie längst überfällig. Die Situation in der Pflege spitzt sich angesichts der andauernden Corona-Pandemie weiter zu und die Probleme des Systems treten immer deutlicher zu Tage.

Die Pflegeversicherung braucht eine Kompletterneuerung. Dazu gehören vor allem eine bedarfsgerechte Personalausstattung in den Einrichtungen und ein sinnvolles Konzept zur Verzahnung von ambulanten und stationären Angeboten. Die Familien von pflegebedürftigen Menschen müssen spürbar entlastet werden.

Die Diakonie Deutschland hat bereits im Juni 2019 ein Konzept zur umfassenden Reform der Pflegeversicherung zu einer Pflegevollversicherung mit begrenztem Eigenanteil vorgelegt. Zusätzlich zu der Deckelung der Eigenanteile wird dort auch eine Umverteilung der Investitionskosten vorgeschlagen. Außerdem müssen pflegende Angehörige nicht pauschal mehr Geld bekommen, sondern zuverlässige Angebote, die sie wirklich entlasten.

Hintergründe gibt es im Konzept der Diakonie Deutschland für eine umfassende Pflegereform.

Der Deutsche evangelische Verband für Altenarbeit und Pflege (DEVAP) präsentiert seine Vorschläge für die Weiterentwicklung der Pflegeversicherung und die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse für hilfs- und pflegebedürftige Menschen in einem Strategiepapier 2021 bis 2025.  

Ausgrenzung und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sind in allen Teilen der Gesellschaft vorhanden und verstärken gesellschaftliche Spaltungstendenzen. Verschwörungstheorien haben eine enorme Verbreitung gefunden. Beschleunigt werden diese Entwicklungen durch die Echokammern des Internets und die sozialen Medien.

Das Engagement für eine starke Demokratie ist eine gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe. Deshalb setzt sich die Diakonie für ein Demokratiefördergesetz ein. Denn nur so kann der Bund dem dringenden Bedarf für eine nachhaltige Strukturförderung von Initiativen für Demokratie und gegen Rassismus entsprechen.

Zudem sind Programme zur Sensibilisierungs- und Präventionsarbeit ein wichtiger Aspekt, um Demokratiefeindlichkeit zu begegnen.

Die Diakonie Deutschland hat im Rahmen des Projektes "Vielfalt gestalten – Ausgrenzung widerstehen" in Zusammenarbeit mit der Bundesakademie für Kirche und Diakonie Fort- und Weiterbildungen für die Mitarbeitenden entwickelt. Deutschlandweit wurden arbeitsfeldübergreifend Multiplikator*innen qualifiziert und gestärkt im strategischen Umgang mit Rechtspopulismus und Ideologien der Ungleichwertigkeit – damit sie selbstbewusst gegen Ausgrenzung und für eine demokratische und vielfältige Gesellschaft eintreten können.

Denn die Diakonie steht für eine Gesellschaft, in der alle Menschen einen Platz haben, sich gehört und akzeptiert fühlen und jede und jeder mit Würde behandelt wird.

Erfahren Sie Hintergründe zum Projekt Aktiv werden: Für Demokratie – gegen Ausgrenzung!

Die Diakonie beteiligt sich auch an der Bürgerrat-Kampagne. In Bürgerräten werden zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger an politischen Entscheidungen beteiligt. Die Kampagne setzt sich dafür ein, dass Bürgerräte rechtlich verankert werden.

Die Gestaltung einer sozial gerechten und teilhabeorientierten Migrations- und Flüchtlingspolitik bleibt eine Daueraufgabe in der Einwanderungsgesellschaft.

In der politischen Arbeit setzt sich die Diakonie für einen legalen Zugang Schutzsuchender in die EU, für die freie Wahl des Zufluchtslandes und bessere Lebensbedingungen für Flüchtlinge in Deutschland und der EU ein.

In ihrer praktischen Arbeit leistet die Diakonie Hilfe für Flüchtlinge und Migrantinnen und Migranten in Deutschland. Schwerpunkte liegen in der unabhängigen Asylverfahrens- und Sozialberatung in den Erstaufnahmeeinrichtungen und in den Kommunen, in der psychosozialen Betreuung, in der Gemeinwesen- und Projektarbeit der Migrationsfachdienste und der Koordination des freiwilligen Engagements.

Zur Diakonie gehören beispielsweise 271 Migrationsberatungen für Erwachsene  und 170 Jugendmigrationsdienste aus dem Bereich der evangelischen Kirche und Diakonie. Diese Migrationsfachdienste beraten und unterstützen Eingewanderte und Geflüchtete bei Fragen und Problemen des täglichen Lebens. Sie helfen ihnen, sich in Deutschland zurechtzufinden und zu integrieren.

Mehr dazu im Wissen Kompakt Migrationsfachdienste.

Was hat die Diakonie mit Politik zu tun?

Wir setzen uns für eine gerechtere Welt ein!

Wir verstehen uns als Anwältin der Schwachen und benennen öffentlich die Ursachen von sozialer Not gegenüber Politik und Gesellschaft. Mit unseren Forderungen für eine gerechtere Welt wollen wir auch zur Bundestagswahl gehört werden.

© Diakonie/Francesco Ciccolella